Deutsche Wörter in der französischen Sprache
Auf unsere Sprache sind wir Franzosen ganz besonders stolz – mindestens so sehr wie auf die französische Küche. Die meisten Franzosen – und nicht nur die – sind allerdings ganz schön überrascht, wenn sie darüber nachdenken, wie viele Wörter aus der deutschen Sprache in die französische übernommen wurden.
Nach dem Beitrag „Ganz schön französisch“ über französische Entlehnungen aus der deutschen Sprache erhielt ich die Anregung, auch einmal darüber zu schreiben, welche deutschen Wörter zum französischen Sprachgebrauch zählen. Mir kam die Idee, meine Landsleute zu testen – natürlich ohne Internet-Zugriff. Die meisten der Befragten – sechs Franzosen mit wenig bis mittelmäßigen Deutschkenntnissen, eigens aus Frankreich zu diesem Zweck (na ja, und für ein Familienfest) für ein Wochenende angereist – meiner nicht repräsentativen Umfrage kamen nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss, dass die französische Sprache allerhöchstens vier bis fünf Wörter aus dem Deutschen übernommen hat. Auf Anhieb genannt wurden: le schnaps, un panzer, un ersatz, le putsch und un bunker. Ein anwesender Geologe besann sich nach einem Schluck vin rouge und schob dann le gneiss (in Deutsch nur mit einem S geschrieben) und le quartz (Quarz – ohne T) nach.
Getreu dem beliebten Spruch „und wenn du nicht mehr weiter weißt, dann gründe einen Arbeitskreis“ regte ich einen Workshop an – das klingt moderner. Ich reichte etwas Käse und Baguette und siehe da – nach etwa einer Viertelstunde wurde mir eine neue Liste vorgestellt, die sich durchaus sehen lassen konnte: le leitmotiv, le blockhaus, le kaiser (da kam jemand durch Franz Beckenbauer drauf), le poltergeist, le konzern, l’alpenstock und la weltanschauung.
Doch damit wollte ich mich nicht zufrieden geben. Ich vertagte die Sitzung auf den darauf folgenden Morgen, bat darum, dass man sich über Nacht Gedanken mache, und drohte mit Essens- und Weinentzug (das wirkt bei Franzosen immer). Schon beim gemeinsamen Frühstück zückten der eine und der andere einen Zettel mit hastig gekritzelten Wörtern, zum Teil mit Fragezeichen versehen. Aha, geht doch! Auf der Liste standen folgende Wörter, die tatsächlich Entlehnung aus dem Deutschen sind, zum Teil mit veränderter Bedeutung und/oder Schreibweise:
le cartel, le glockenspiel, l‘accordéon, le bourgmestre, la calèche, la chabraque, le foudre (von Fuder, ein großes Fass – nicht verwechseln mit la foudre = der Blitz), le vampire, le landgrave, la hutte, la valse (ja, von Walzer), la benzine (Waschbenzin, nur in der Schweiz für das Auto-Benzin verwendet), le képi und le zinc.
Mit großer Spannung versuchte „meine Truppe“ zu erkennen, ob ich denn endlich zufrieden sei. Ja, aber zu früh loben darf man nicht. Strengt euch an, das Elsass ist nicht weit, und ich will mindestens noch zwei Wörter hören. Ah, es klingelte: la choucroute (Sauerkraut) und le kuglof (Kugelhupf). Und da wir schon – in doppelter Hinsicht – beim Essen waren, ergänzte ich la quenelle – eine Art längliche Kloßabwandlung, die in Frankreich zum Beispiel aus Fisch oder Fleich geformt wird – und trinquer, was anstoßen heißt und von trinken kommt. Einen pâté de lièvre (Feldhasenpastete) essen zwar alle gerne, aber dass la hase das Weibchen des französischen lièvre, also des Feldhasen ist, wusste keiner.
Schließlich rundete ich die Übung mit dem Wort le vasistas (das Oberlicht) ab. Die Herkunft dieses Wortes führt Wikipedia auf die Frage „was ist das?“ zurück, die man in Deutschland stelle, wenn jemand an die Tür klopfe oder klingle, bevor man ihn einlässt. Diese Erklärung ist meiner Meinung nach falsch, denn man würde doch eher fragen „wer ist da?“ – oder?
Selbstverständlich gibt es noch eine ganze Reihe mehr Entlehnungen aus der deutschen Sprache im Französischen, doch meine Testfranzosen wollte ich nicht länger strapazieren: Schließlich sollen sie mich ja gerne wieder besuchen!
Laut meinem Vater, ehem. Franz.lehrer , kommt le vasistas von der Besatzungszeit. Die Franzosen hatten damals kein Wort für Dachfenster, versuchten sich, zu verständigen. “was ist das?“ und so entstand wasistas, es wurde als Begriff übernommen.
Ja, die Geschichte wird gerne überliefert, aber nirgends belegt. Und da das Wort „le vasistas“ 1798 erstmals nachweislich verwendet wurde (vgl. http://www.cnrtl.fr/definition/vasistas unter Etymologie), kann es nicht aus der Zeit der beiden Weltkriege 1914-18 bzw. 1939-45 stammen.
Aber die Geschichte ist trotzdem nett, danke.
vasistas: Mir wurde immer erzählt, dass das Wort von Hausdurchsuchungen durch deutsche Soldaten stammt, ich hätte es daher immer zeitlich zum 2. Weltkrieg zugeordnet. Danke für den Hinweis auf den Wikipedia Artikel. Viel Sinn macht diese Erklärung aber auch nicht.
Interessant sind auch die Begriffe, die in Deutschland zu Napoleons Zeiten aus dem Französischen übernommen wurden: Mach mir keine Fisematentchen! / das Trottoir / das Portemonnaie / das Kanapee etc. Das kling vor allem in tiefstem Allgäuerisch „sehr gebildet“. Vielleicht fallen mir nach einem Glas Rotwein noch mehr Ausdrücke ein… 🙂
Hallo Vera, ja, die Erklärung von Wiki zu vasistas befriedigt mich auch nicht. Ich glaube, solche Wörter entstehen, und später sucht man dann nach Erklärungen, wie sie entstanden sind. Ich habe noch eine Menge Wörter auf meiner Liste, denn der „Workshop“ ging weiter… Es reicht im Prinzip für eine 2. Folge zu diesem Thema… Irgendwann demnächst… 🙂
Eben drum 🙂 Und Militärputschs oder Reichswehrschmarn kennt (kannte) man eher aus Deutschland 😀
Das Sauerkraut fand ich gut 🙂 Und naja ich finde es irgendwie bezeichnend, dass Putsch aus Deutschland kommt und nicht Revolution. Sagt viel über die Frage politischer Veränderung in den beiden Länder 🙂
Ha, für die Revolution sind doch die Franzosen seit 1789 „zuständig“ 😉
Wunderschön – inzwischen liebe ich den Rüsterweg genauso wie Karambolage!!!
Weiter so – und alles Liebe
Gabie F. aus O. 🙂