Ganz schön französisch

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Ganz schön französisch

Französische Wörter in der deutschen Sprache

Vor ein paar Tagen sprach mich ein zwölfjähriges Mädchen aus der Nachbarschaft an. Als Hausaufgabe hatte sich ihre Deutschlehrerin etwas Besonderes ausgedacht: Schreibt französische Wörter auf,  die im deutschen Sprachgebrauch verwendet werden. Die Kleine – pardon, die junge Dame war gar nicht begeistert, denn ihre Eltern haben ihr strikt untersagt, das Internet für die Hausaufgaben zu Rate zu ziehen. Mit Schreibblock und Kuli ausgestattet, saß Marie bei mir zu Hause, und ich erzählte ihr eine spontan erfundene Geschichte. Sie sollte alles aufschreiben, was ihr ein bisschen „französisch“ vorkommt. Die Geschichte ging (etwa) so…

Neulich traf die Martha die Bertha von vis-à-vis:
– Hallo Martha, wie geht’s dir?
– Tag, Bertha, du, ich muss dir unbedingt etwas erzählen… Ich war gestern in der Stadt, und wie ich so auf dem Trottoir promeniere, da kommt der Franz daher marschiert… Ich wollte mit ihm in ein Café gehen, aber er hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Es war gar nicht weit. Er wohnt im Parterre eines schönen Hauses. Erst stellte er unsere beiden Parapluies in einen Eimer – es hat ja so geregnet. Dann legte er sein Portemonnaie auf das Buffet, hängte sein Paletot an die Garderobe und bot mir die Chaiselongue an…
– Wie sieht’s denn bei ihm so aus?
– Sehr elegant… Er hat seit Jahren ein Faible für antike Möbel, und diese Chaiselongue hat er gerade vor wenigen Tagen erstanden. Und dazu noch einen schönen Spiegel für das Boudoir seiner Frau. Sie ist Französin und heißt wie dieses feine Gebäck… na, ich komm’ nicht drauf…
– Madeleine?
– Genau! Er parliert ausschließlich Französisch mit ihr, und sie kocht nur Gerichte aus ihrer Heimat… Franz und Madeleine haben mich nämlich zum Souper eingeladen.
– Ach, was gab’s denn so?
– Kaltes Rinderfilet mit Remoulade als Entrée, Kalbsfrikassee mit Puree als Hauptspeise, Crêpes mit Gelee und Cidre als Dessert und dann ein Digestif.
– Da kriegt man ja Appetit… Gab’s keine Pommes frites?
– Nein, wo denkst du hin! Und das Service war einmalig schön…
– Und wie ist sie so, die Madeleine?
– Sie hat früher Ballett getanzt, dann war sie Gouvernante. So lernte sie ihren ersten Ehemann kennen. Das war dieser Schauspieler, der immer den Charmeur gespielt hat, mit so viel Pomade im Haar…
– Ich weiß nicht, wen du meinst…
– Ach, egal. Dann hat sie in Paris auch als Mannequin gearbeitet, sie hat mir Fotos gezeigt… Nein, diese Taille, dieser Teint…! Und klug ist sie…! Madame erzählt eine Anekdote nach der anderen, ein echtes Genie. In ihrem Boudoir hat sie einen Paravent, und am Plafond ist kostbarer Stuck. An der Wand hängt ein alter Gobelin, und den Fauteuil ziert ein Tuch aus rotem Satin.
– Sag, Martha… Wie war sie denn angezogen?
– Sehr chic! Sie trug eine Robe aus Chiffon… Sie sah aus wie ein Bonbon, ein Schleifchen hier, eines da, aber das ist heute ja en vogue… Und das Parfum…. fantastisch.
– Welches war’s denn?
– Pardon?
– Na, wie das Parfum von Madame heißt?
– Das habe ich nicht gefragt. Sie zeigte mir noch ein schönes Kostüm und verriet mir auch, dass Franz inzwischen ein Toupet trägt. Du, so ganz en passant, Madeleine ist 25 Jahre jünger als Franz… Er hat vor einigen Jahren in Paris gelebt, und Madame suchte damals einen Chauffeur für eine Reise ans Meer. Sie hatte zwar ein Billett für den Zug, das hatte sie aber verlegt. Dann hatte man ihr auch noch die Handtasche gestohlen, das ganze Geld war perdu…
– Na so ein Malheur! A propos, was kostet denn so ein Chauffeur?
– Ich weiß nicht, das ist wohl eine Frage des Prestiges.
– Sag mal, Martha, du siehst so malade aus…
– Ach ja, mir ist ganz blümerant.
– Von dem Essen bei Franz und Madeleine?
– Aber nein, vom Frühstück heute… Ich hab drei Croissants mit Konfitüre und ein halbes Baguette mit Camembert verdrückt!
– Oha, dann wünsch’ ich dir gute Besserung.
– Merci und salut.
– Ja, adieu. Bis morgen.

Fortsetzung folgt…

  1. Total interessant ! Wie doch die Sprachen verschmelzen! Bitte auch mal umgekehrten Aufsatz schreiben – französisch als Basis und deutsche Worte einflißen lassen? Gibt es wohl weniger, aber z.B. Oberlichtfenster = les vasistdas?

    • Hallo Siegfried, danke dir für die gute Idee. Ich denke, dass du da richtig liegst: der Beitrag wird dann viel viel kürzer. Aber ich arbeite dran.
      Schau dir auch mal meinen Beitrag „Wörter im Gepäck“ an. Kanntest du das Wort?

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