Aufschlussreiche Kennzahlen rund um Blog, Blogger und das Bloggen
Zu Beginn: der oder das Blog, beides ist korrekt.
Bloggen ist einer der digitalen Marketingkanäle, der am weitesten verbreitet sind. Das Bloggen ist zu einer riesigen Industrie geworden, in der Millionen Blogger* jeden Tag Inhalte erstellen und den Verkehr auf ihre Websites lenken.
Allerdings hat Bloggen durch die Beliebtheit von Social-Media-Kanälen wie Instagram, X (ehemals Twitter) und Facebook sowie weiteren Formaten wie YouTube und Podcastings an Relevanz verloren, denn dort können User ihre Gedanken und Meinungen in Echtzeit mitteilen, ohne einen Blogbeitrag verfassen zu müssen. Daher fragen sich viele, ob Bloggen noch den Zeitaufwand und die Mühe wert ist.
Fakten
(laut einer Untersuchung der Ostfalia-Hochschule Salzgitter in Zusammenarbeit mit der Otto-Brenner-Stiftung zu Blogs, die überwiegend aus marketingstrategischen Gründen betrieben werden, also zu B2B- und B2C-Blogs)
- Zum 02. Juli 2023 waren weltweit 645 Millionen Blogs online, auf denen Verfasser geschätzte 6 Millionen Blogposts täglich einstellen.
- 71 % der Befragten sind der Meinung, dass durch ein Blog eine ihnen fremde Unternehmenswebsite an Glaubwürdigkeit erhält.
- Blogging ist ein Game Changer für B2B-Unternehmen: Diese erzielen mit der organischen Suche doppelt so viel Umsatz wie mit jedem anderen Kanal; der kombinierte Suchtraffic im B2B-Bereich macht 76 % des gesamten trackbaren Traffics aus.
- Blogger aus dem gewerblichen Bereich verfassen Artikel, die im Durchschnitt 1.460 Wörter umfassen.
- Unternehmen mit Business-Blogs verzeichnen ein Lead-Wachstum von 165 %, verglichen mit Unternehmen ohne Blogs, die nur ein Lead-Wachstum von 73 % registrieren.
- Themen rund ums Arbeiten und sog. Best Practices in vielen Bereichen erzeugen viel Traffic, sind aber auch völlig überlaufene Gebiete, bei denen der User ganz schnell das Lesen oder gar das Überfliegen aufgibt.
- Die vier Nischen mit dem höchsten nachhaltigen Blog-Traffic sind Food, Lifestyle & Reisen, (Kunst-)Handwerk (einschl. Handarbeiten, Anleitungen u. Ä.) sowie persönliche Entwicklung und Kommunikation im weitesten Sinn.
- Die Qualität der Inhalte gilt als wichtigster Erfolgsfaktor beim Bloggen. 41 % der Blogger erstellen Inhalte basierend auf Originalrecherchen; Blogger, die eigene Recherchen durchführen, selbst schreiben und veröffentlichen, erzielen mit 41 % höherer Wahrscheinlichkeit bessere Ergebnisse (d. h. mehr Traffic) als diejenigen, die zum Beispiel nur oder überwiegend sog. Round-ups einstellen. User wollen konsistente, fundierte Inhalte.
Interessant sind auch folgende Untersuchungsergebnisse:
- Längere Inhalte (> 2.000 Wörter) generieren mehr Traffic als kürzere.
- Überschriften mit einer Länge von mindestens zehn Wörtern generieren 76,7 % mehr Social Shares als kürzere Überschriften.
- 73 % der Menschen geben zu, dass sie Blogbeiträge nur überfliegen, während nur ein kleiner Prozentsatz sie vollständig liest.
- Blogposts, die mindestens 7 Leseminuten lang sind, erhalten mehr Interesse.
Fehler, die viele Blogger machen (vor allem KMU und Solounternehmer)
- Einrichten eines Blogs auf kostenlosen Plattformen mit sichtbarem Namen des Domainanbieters. Dies ist dem Online-Branding nicht förderlich und kann dazu führen, dass das Blog automatisch weniger erfasst wird.
- Mittelmäßiges Design, mangelnde Visualisierung, Übersichtlichkeit, Schrift. Dabei ist zum Beispiel eine zu plakative Schrift bei Zwischentiteln kontraproduktiv („wirkt unseriös“, so über 75 % der befragten User).
- Zu komplizierter oder nicht eingängiger Blog-Name, zu viele Bindestriche, fremdsprachliche Namen usw.
- Fehlendes SSL-Sicherheitszertifikat
- SEO: Optimierung des Blogs für Suchmaschinen und SEO-Optimierung von Blog-Inhalten
- Mangel an wertvollen, konsistenten und gut recherchierten Inhalten (die den Blogger natürlich wesentlich mehr Zeit kosten als zum Beispiel Round-ups).
- Ständige Wiederholung eines Themas oder zu detaillierte Beschreibungen
Entwicklung
Viel wichtiger als Zahlen zu einem Zeitpunkt T sind Daten zur Entwicklung des Blogs; denn nur diese sind aussagekräftig darüber, ob ein Blog erfolgreich ist oder nicht. Also gilt: immer im Zeitverlauf betrachten.
Traffic-Kennzahlen
Sitzung (visit, session), Besucher (visitors) und Seitenaufrufe (page impressions)
Ruft ein Nutzer eine Webseite oder ein Blog auf, wird eine Sitzung generiert. Nach dreißig Minuten Inaktivität wird die Sitzung beendet, so meist die Standardeinstellung im Trackingsystem; ist der Nutzer z. B. nach 35 Minuten wieder aktiv oder besucht er die Seite am nächsten Tag wieder, wird eine neue Sitzung eröffnet. Damit entspricht diese Kennzahl der Mehrfachzählung eines Nutzers – im Gegensatz zur Kennzahl „Nutzer“ (unique visitors): Setzt der Browser ein Cookie, wird der Nutzer beim erneuten Besuch derselben Webseite nicht erneut gezählt; er ist dann ein returning visitor, ein wiederkehrender Besucher. Abgesehen davon können mehrere Personen an ein und demselben PC arbeiten; sie werden dann als „1 Nutzer“ gezählt. Auch bei Nutzung unterschiedlicher Browser wird jedes Mal ein neuer Nutzer gezählt. Wie gezählt wird, hängt auch davon ab, ob das Statistikprogramm die IP-Adresse des Besuchers erfasst und/oder Cookies setzt, um den Besucher wiederzuerkennen. Da auch die Besucher das Wiederkehren z. B. durch Löschen von Cookies unkenntlich machen können, ist die Besucherzahl im Grunde nicht sehr aussagekräftig.
Die Kennzahl „Seitenaufrufe“ (auch: Seitenzugriffe) ist auf den ersten Blick meist recht hoch, denn hier zählt jede aufgerufene Seite eines Nutzers. Klickt sich der Nutzer von der Startseite über einen Menüpunkt auf eine Kategorieseite und von dort aus in einen Beitrag, hat er drei Seitenaufrufe generiert; in diesem Fall sind Weg und Gründe eindeutig. Eine hohe Zahl der page impressions kann aber auch dafür sprechen, dass sich der Nutzer schlecht auf der Webseite/dem Blog zurechtfindet und oft klicken muss, um zu seinem Ziel zu kommen (Stichwort Navigation) – oder auch, dass er neugierig geworden ist und mehr Artikel lesen will. Wer weiß das schon?
Manche Blogger, aber vor allem größere Medienvertreter halten sich für besonders schlau und erhöhen die Seitenaufrufe, indem sie beispielsweise Fotostrecken einbauen und/oder einen langen Beitrag in mehrere Seiten sozusagen als Fortsetzungsartikel aufteilen. Das ist für Werbekunden, die nach page impressions zahlen, relevant.
Die Seitenaufrufe sollten daher immer in Kombination mit weiteren Kennzahlen, nämlich der Verweildauer (time on site) und der Absprungrate (bounce rate) betrachtet werden.
Absprungrate (bounce rate)
Die Besucherzahl ist zwar interessant, denn sie sagt aus, dass Menschen zu Ihrem Blog finden. Daraus könnte man schließen: Je mehr Menschen zu Ihrem Blog finden, umso mehr Menschen lesen Ihre Ideen. Dies ist aber eine krasse Fehlannahme, denn ich kann zwar zu einem Blog finden, muss aber nicht unbedingt dort verweilen und einen Beitrag lesen. Hier sind wir bei der Kennzahl Absprungrate: Sie sagt aus, wie viele Nutzer auf einem Blog eine einzige Seite ansehen und das Blog dann wieder verlassen. Aufschlussreich ist der Vergleich des Nutzerverhältnisses derer, die mehrere Seiten ansehen, zu denen, die nur eine Seite ansehen und die Webseite wieder verlassen.
Durchschnittliche Sitzungsdauer (average session duration)
Die Berechnung der Verweildauer ist geprägt von Googles Definition: Ohne Interaktion, also wird nicht mehrfach geklickt, sondern nur einmal, ist die Verweildauer minimal, selbst wenn das Lesen des gewählten Beitrags fünf Minuten dauert.
Seiten je Sitzung
Diese Kennzahl sagt aus, wie viele Seiten sich die Nutzer innerhalb einer Sitzung im Durchschnitt ansehen; dabei ist jedoch zwischen neuen und wiederkehrenden Besuchern zu unterscheiden, da die Stammleser in der Regel nur die aktuellen Beiträge lesen, weil sie die älteren schon kennen. Insofern ist es interessanter zu wissen, wie hoch die Zahl der neuen Nutzer ist, denn diese gibt Aufschluss darauf, ob das Blog die Aufmerksamkeit neuer Besucher auf sich ziehen kann.
Der page report gibt Aufschluss darauf, welche Beiträge und Themen die Nutzer am häufigsten lesen. Unter „Verhalten – Websitecontent – Alle Seiten“ im Tracking bekommt der Blogger die bereits oben beschriebenen Kennzahlen Seitenaufrufe, Verweildauer und Absprungrate für jeden einzelnen Beitrag der Seite angezeigt. Ein Blick darauf lohnt sich durchaus.
Sie sehen, das Bloggen hat sich inzwischen zu einer Art Wissenschaft entwickelt.
Im nächsten Beitrag geht es um Content-Formate und wie sie den Traffic beeinflussen.
Header-Foto: geralt – internet-4658634_1920 auf Pixabay
(*) Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wird in meinen Artikeln auf die geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen und Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.