Baden-Württembergs Dialekte

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Baden-Württembergs Dialekte

Kleiner Wegweiser durch Baden-Württembergs Dialekte

In Baden-Württemberg herrscht eine wunderbare Sprachenvielfalt. Nicht nur, weil hier Menschen aus rund 200 Staaten der Erde leben. In Baden-Württemberg werden rund ein Dutzend regionaler Mundarten gesprochen. Ich liebe Mundarten im Allgemeinen, vor allem Badisch, aber auch andere wie zum Beispiel Schwäbisch und Bayrisch.

Aber Moment mal … Mundart? Ist das nicht das gleiche wie Dialekt? Kleine Lehrstunde …

Der Dialekt ist eine lokale oder regionale Sprachvarietät. Er unterscheidet sich von der Standardsprache und von anderen Dialekten in allen Sprachbereichen, nämlich in der Phonologie, der Grammatik (Regelsystem der Sprache), dem Satzbau (Syntax), dem Wortschatz (Lexik), der Wortbeugung (Morphologie) und auch in der Idiomatik. Das gilt auch für die Mundart, was zur Folge hat, dass die beiden Begriffe oft synonym verwendet werden. Dialekt und Mundart unterscheiden sich jedoch durch folgende Aspekte:

Die Besonderheiten eines Dialektes können schriftlich aufgezeichnet werden, sodass die Bedeutung für einen Menschen, der dieses Dialektes nicht kundig ist, nachvollzogen werden kann. Demgegenüber deckt der Begriff Mundart die spezielle Aussprache der Wörter ab, unabhängig von der jeweiligen Schreibweise. Eine Person kann einen Text in akkurater Hochsprache vorlesen und dennoch mundartliche – auch minimale – Färbungen aufweisen. Als Beispiel möchte ich das stets wie im Wort „Nest“ ausgesprochene ST im Raum Hamburg nennen.

Das Ganze könnte noch durch den Begriff Regiolekt als „in einer bestimmten Region gesprochener Dialekt“ ergänzt werden (auch Regionalsprache).

Karte: www.geografik. net bei Landeskunde Baden-Württemberg

Zurück zu Baden-Württemberg

Eine der ausgeprägtesten regionalen Mundarten, die in Baden-Württemberg gesprochen werden, ist Alemannisch (vgl. Karte). Alemannisch ist eine Mischung aus germanischen, keltischen und galloromanischen Sprachen. Zudem unterlag es Einflüssen aus dem Italienischen, Hebräischen und Französischen. Das Alemannische zeichnet sich durch drei Besonderheiten aus:

Erstens gibt es nur drei Fälle, wodurch der Genitiv mit der Präposition „vom“ gebildet wird. Der Alemanne sagt daher statt „des Mannes“ „vom Maa“.

Der Alemanne benutzt im Vergleich zum Hochdeutschen andere Artikel. So wird nicht „die Butter, sondern „der Butter“ zum Frühstück gereicht.

Schließlich werden Wörter mit -le oder -li verkleinert, wie beispielsweise „Brötle“.

Das Alemannische ist nicht auf Baden-Württemberg begrenzt, es wird in sechs Staaten gesprochen: außer in Deutschland auch in der Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Italien und Frankreich. Es verbindet die Menschen im Elsass, der Schweiz, im Vorarlberg und einem Teil Badens.

Ein anderer Dialekt, der in Baden-Württemberg verbreitet ist, ist das Hohenlohische. Das ist eine fränkische Mundart, die im Übergangsgebiet zum Schwäbischen und insbesondere in den Landkreisen Schwäbisch Hall, Bad Mergentheim und Hohenlohekreis und gesprochen wird. Da die Hohenloher Region während der Französischen Revolution zeitweilig von den Franzosen besetzt war, gibt es auch hier viele übernommene Begriffe. Im Vergleich zum Schwäbischen klingt Hohenlohisch weicher und melodiöser. Weil ein starker Anpassungsdruck zum Schwäbischen besteht, reagieren die Hohenloher, wenn sie für Schwaben gehalten werden, folgendermaßen: „Nur Simbl maana mir däda dahonna schwäbisch schwäza, mir bawla hohalohisch“.

Eine weitere Mundart stellt das Kurpfälzische oder Rheinfränkische dar, welches geografisch im Raum um Mannheim und Heidelberg gesprochen wird. Typisch für die Kurpfälzer ist die besondere Sprachmelodie, das sog. „Singen“ und das Betonen des Satzendes an. Kurpfälzische Muttersprachler sind daher leicht an der Klangfarbe erkennbar. Zudem haben die Kurpfälzer viele Lehnwörter aus dem Französischen, Rotwelschen und Jiddischen.

Der Sprachraum des Schwäbischen liegt im süd-östlichen Bereich Baden-Württembergs. Die schwäbische Sprache besitzt in vielerlei Hinsicht sprachliche Eigenheiten, sowohl eigene Wörter, die für Nicht-Schwaben oft kaum verständlich sind, als auch eine eigene Grammatik und Betonung sind Kennzeichen des Dialekts. Das beste Beispiel ist beim Äffle und Pferdle im SWR zu finden.

Foto: geralt auf Pixabay

Und nun zu Badisch

Badisch ist eigentlich keine eigene Mundart, sondern ein politischer Begriff und wird deshalb in linguistischer Sicht dem Fränkischen zugeordnet. Unabhängig davon wird bereits seit 1914 das Badische Wörterbuch verfasst, in dem die verschiedenen badischen örtlichen Mundarten zusammengefasst werden. Interessant ist, dass das Badische eigentlich aus mehreren verschiedenen Dialektgruppen besteht. Der Verbreitungsraum dieses Dialekts umfasst Gebiete im nördlichen und südlichen Schwarzwald, und das Badische grenzt sich explizit vom Schwäbischen ab.

Die Sprache in Baden ist bunt und vielfältig: Seealemannisch am Bodensee, Hochalemannisch am Hochrhein, Oberalemannisch im Markgräflerland und im Breisgau, das Niederalemannisch in der Ortenau, fränkische Mundarten um Karlsruhe, Mannheim (Kurpfälzisch), im Odenwald (Ourewällerisch) und am Main (Mainfränkisch). Einen gemeinsamen Dialekt, also ein „Badisch“, gibt es nicht.

Die „Lingua Baden“ ist geprägt durch eine besondere Intonation, durch so manche Lautverschiebung und -verschmelzung, aber auch durch eine teils … interessante Grammatik. Zu nennen wäre hier unter anderem der sog. badische Akkusativ. Beispiele:

An der Ladenkasse: „Ich wünsch Ihnen ein schöner Tag„.
Nachbarin: „Ich hab ‚en feiner Kuchen gebacke.

Und selbstverständlich zeichnet sich das Badische, wie jede andere Mundart, durch besondere, wie ich meine, nette Wörter aus.

Beispiele

Hochdeutsch „Badisch“ Region KA Kurzpfälzisch Schwäbisch
Deckbett Plümo Blimmo Zuadegge, Deggbedd
bügeln büggle bigglä biegla
Bürste Berscht Berscht Birschd
blöd, dumm depp dappisch bleed, domm
Dummkopf Depp Dabbschedl Bleedl, Kardinalsdaggl
verdursten verdurschte verdorzle vrdurschda
schwindelig schwummrisch dormlisch blimerand, domelisch, schwommrig
drängeln drenggle driwwliere drängla, dribeliera
draufhauen druffhaue druffschumbe druffhaue, neihaua
Tüte Dutt Dudd Gugg, Giggle
hinüber (gehen z. B.) nübber niwwa niebr
eineinhalb annerthalb annathalb ändrhalb
Gerümpel Gruuschd Bawlatsch Glombaddsch, Grembl
Pinsel Pinsel Bensl Baisl, Bensl
Hustenbonbon Huuschdeguzele Huschdeguzzle Halzbomboo
Sicherheitsnadel Sicherheitsnoodel Hexegluf B(e)schlussgluf
jener/jene sella/selli selle sellr
rauchen raache blotze plotza (bedeutet auch: fallen lassen)
Kartoffeln Härdepfel, Krummbeere oder Krummbiere Kardoffle Äbira, Bodabira
Würdest du mir … Tätschd mer mol Däädsch me mol Dädschmer mol
Decke (z. B. Wolldecke) Teppich Debbich
Fliege (Insekt) Muck Mugge Mugg

Und übrigens: Die Einwohner Badens heißen Badener und nicht Badenser. Kein Mensch spricht heute von Hamburgensern, Frankfurtsern oder von Stuttgartensern. Das fehlerhafte „S“ wurde irgendwann im 19. Jahrhundert eingefügt, als man bildungsbürgerlich beflissen den Namen ans Lateinische anklingen lassen wollte.

Für heute: Ade und bis zum nächschte Mol!

Header-Foto: geralt auf Pixabay

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