NLP: deine Welt, meine Welt

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NLP: deine Welt, meine Welt

Wie einem eine Erkenntnis den zwischenmenschlichen Umgang erleichtern kann.

NLP ist ein Sprach- und Veränderungsmodell, eine Sammlung bewährter Techniken, Strategien und Fähigkeiten, mit denen das eigene Leben positiver, selbstbestimmter und erfolgreicher gestaltet werden kann. Wikipedia sagt: „Das Neuro-Linguistische Programmieren (kurz NLP) ist eine Sammlung von Kommunikationstechniken und Methoden zur Veränderung psychischer Abläufe im Menschen … Die Bezeichnung „Neuro-Linguistisches Programmieren“ soll ausdrücken, dass Vorgänge im Gehirn (= Neuro) mit Hilfe der Sprache (= linguistisch) auf Basis systematischer Handlungsanweisungen änderbar sind (= Programmieren).

Meinen ersten Blogartikel zum Neurolinguistischen Programmieren (NLP) können Sie hier lesen: „NLP: keine Geheimwaffe“. Es ging um den positiven Nutzen des „Ankerns“ – auch im beruflichen Leben, zum Beispiel im Kundenkontakt.

NLP-Grundannahmen

Das NLP hat zehn Grundannahmen (engl. presuppositions) aufgestellt. Es sind hilfreiche Annahmen aus anderen Sprach- und Veränderungsmodellen, die in den frühen 1970er Jahren, also in den „Urzeiten“ des NLP, entstanden sind.

Grundannahme Nr. 4

Eine der Grundannahmen im NLP, die Vierte, lautet: „Die Landkarte ist nicht die Landschaft“ (engl. „The map is not the territory“, manchmal im Deutschen auch: „Die Landkarte ist nicht das Gebiet / das Territorium“). Wer sich nie mit NLP befasst hat, hat zu diesem Satz keinen Bezug, und doch gilt er für ihn oder sie rund um die Uhr.

Sich näher damit zu beschäftigen, kann helfen, eigenen Frust ob der persönlichen Situation oder einer anders als erhofft verlaufenden Diskussion abzubauen und sich offen(er) – wenn es denn einen Komparativ für das Adjektiv offen gibt – zu verhalten.

Geprägt hat diese Grundannahme Alfred Korzybski, ein Linguist (übrigens Entwickler der sog. Allgemeinen Semantik, nicht zu verwechseln mit der linguistischen Semantik), der Anfang des 20. Jahrhunderts die Anwendung von Sprache in unterschiedlichen Kulturen untersuchte. Nicht zuletzt deshalb ist mir diese Grundannahme so wichtig, dass ich sie als Erstes hier für Sie, liebe Leserinnen und Leser, besprechen will. Aber auch, weil sie in meinen Augen als eine der wichtigsten der NLP-Grundannahmen gilt, die einem vieles im Umgang mit anderen Menschen erleichtert.

Genug der Theorie. Worum geht es konkret?

Foto: Gerd Altmann auf Pixabay

Die Landkarte ist nicht die Landschaft

In dieser Grundannahme entspricht die Landkarte der Vorstellung, die sich ein Mensch von der Welt macht, und die Landschaft ist die Welt, wie sie in Wirklichkeit ist.

Vereinfacht erklärt: Jeder Mensch bastelt sich seine eigene Sicht der Welt und somit seine eigene Wahrnehmung. Eine für alle Menschen einheitlich geltende Wahrnehmung der Welt, also Landkarte, gibt es nicht. Es gibt so viele Landkarten wie Menschen. Die allermeisten Konflikte, egal auf welcher Ebene, entstehen, weil die Bilder der Landkarte (also unsere eigene Wahrnehmung) und die eigentliche Landschaft (also die Wirklichkeit) verwechselt werden. Nicht, weil die zwei Bilder aufgrund irgendwelcher externer Faktoren nicht übereinstimmen, sondern weil der Mensch sie verwechselt, weil er im Glauben ist, ja, überzeugt ist, dass sein Bild, seine Vision der Wirklichkeit entspricht. Die Grundannahme müsste also lauten: „Deine/meine/seine/ihre … Landkarte ist nicht die Landschaft“.

Foto: 14184437 auf Pixabay

Ihre Landkarte (es ist einfacher zu erklären, wenn ich Sie als Mensch direkt anspreche – was hier steht, gilt selbstverständlich auch für mich), Ihre Vision, Ihre Sicht der Dinge und Menschen bedingt, ja, beeinflusst Ihre Entscheidungen, Ihre Vorlieben, Ihre Prioritäten, Ihre Abneigungen, Ihre Ansichten, Ihre Überzeugungen und Ihre Wahrnehmungen. Diese gedankliche Karte vermittelt jedoch oft eine nicht ganz richtige und manchmal eine falsche Darstellung der Landschaft, also der Welt, wie sie tatsächlich ist, und schränkt Sie damit ein, setzt Ihnen und Ihrem Tun virtuelle Grenzen, die Sie in den seltensten Fällen überschreiten (können / wollen).

Deine, meine, seine, ihre und Ihre Filter

Es wird angenommen, dass wir pro Sekunde bis zu 11 Millionen Bits an Informationsfragmenten erhalten. Das bedeutet, dass bis zu 11 Millionen Bits an Informationen Sekunden für Sekunde auf uns einstürzen, ohne dass wir uns dieser horrenden Menge bewusst sind. Wir empfinden nur, dass es manchmal mehr und manchmal weniger sind.

Unser Nervensystem filtert davon ca. 50 bis 200 Bits, und unser Bewusstsein ist in der Lage, in derselben Zeit weniger als zehn Informationen zu verarbeiten. Damit wird klar, dass wir die große Mehrheit der Informationen, die auf uns einstürzt, filtern. Diese Filter ergeben sich aus den fünf Sinnen und entwickeln sich aus Werten, Erfahrungen, Erlebnissen, Erziehung, Glaubensgrundsätzen und Überzeugungen – im weitesten Sinn dieser Begrifflichkeiten.

Foto: Tekno Kaynak auf Pixabay

Unsere Wahrnehmung ist also ganz und gar subjektiv. Sie hängt von der Vorstellung ab, die wir uns von der Realität machen, nicht aber von der Realität selbst.

Es klingt einfach und völlig eindeutig, aber wir vergessen oder verdrängen das oft. Dabei sind wir dieser Situation jede Sekunde ausgesetzt und wenden unbewusst und unmittelbar neurophysiologische Filter an: Wir nehmen mit dem Auge nur das wahr, was das menschliche Auge eben „hergibt“. Infrarot- oder UV-Strahlen sehen wir nicht, wir spüren ggf. nur das Ergebnis, wenn wir auf die Fernbedienung unseres Fernsehers oder am sonnigen Strand liegen. Ultraschallwellen hören wir nicht, aber unsere Hunde tun das gut. Eine Fliege erfasst 200 Bilder pro Sekunde, wir Menschen lediglich 24 usw. – soweit zu den Sinnen, die unsere Welterfassung beeinflussen.

Weitere sehr individuelle neurophysiologische Filter bringen beispielsweise den einen Menschen dazu, dass er sich nach einer Familienfeier oder einem anderen Event eher an das Gesehene, die schöne Tischdeko, die Kleider einiger Gäste oder die schön gestalteten Tellerkompositionen erinnert, während für einen anderen Menschen dieses eine Gespräch, die Musik oder schreiende Kinder im Vordergrund der Wahrnehmung stehen.

Foto: petterijokela auf Pixabay

Hinzu kommen kulturelle und soziale Filter: Die fünf Sinne eines in den Hochlandgebieten der Nandi aufgewachsenen Kindes, das täglich lange Strecken zur Schule laufen muss, liefern mit Sicherheit andere Informationen an das Gehirn als die eines Kindes, das in Paris, Wien oder Berlin aufwächst. Das erzählte auch Eliud Kipchoge, der berühmte Marathonläufer aus dem Volk der Nandi, der in seiner Heimat Kenia als Kind täglich 4 Kilometer zur Schule und die gleiche Strecke zurück lief.

Bei den individuellen Filtern, ich nenne sie manchmal Lebensfilter, geht es – wie oben bereits erwähnt – um Werte, Erfahrungen, Erlebnisse, Erziehung, Glaubensgrundsätze, Überzeugungen, Interessen, Abneigungen, Vorlieben usw.

Diese Filter funktionieren ganz einfach, ohne dass wir es merken, und folgen einem einfachen Mechanismus: Die ständig auf uns einstürzenden Informationen manipuliert unser Gehirn durch Auslassung („das wird weggelassen“), Verallgemeinerung und Verzerrung. Das Gehirn entscheidet zum Beispiel anhand Ihrer Beweggründe oder Interessen, ob eine Information behalten oder verworfen wird.

Sie kennen das. Beispiele:

Sie haben gerade eben erfahren, dass sie schwanger sind. Auf einmal nehmen Sie auf der Straße unglaublich viele schwangere Frauen und Kinderwagen wahr.

Sie befassen sich beruflich mit einer bestimmten Automarke und sehen fast nur noch diese Automarke unterwegs.

Foto: Peter Linforth auf Pixabay

Wie kann Ihnen diese Erkenntnis helfen?

Wichtig: Es gibt keine gute oder schlechte Landkarte, keine richtige oder falsche Landkarte, jeder Mensch hat seine eigene Landkarte der Realität. Was für den einen wahr, gut, richtig ist, ist für den anderen nicht wahr, schlecht, falsch, denn jeder Mensch ist anders.

Die einzige „Quasi-Wahrheit“ ist, dass beide Menschen wahrscheinlich Recht haben. Eine gute Grundlage, um zu lernen, das Weltmodell, also die Landkarte des anderen zu respektieren.

Das Einsteigen in das Thema Landkarte hilft, Folgendes zu verstehen: Nur weil man selbst Recht hat, heißt das nicht, dass der andere Unrecht hat. Viel mehr als durch die Realität werden die Entscheidungen eines Menschen durch seine Denkmodelle und Vorstellungen der Welt und die möglichen Antworten, die er kennt, eingeschränkt.

Stellen Sie keine Vermutungen über die „Weltkarte“ des anderen an, nach dem Motto: „Wenn er das tut, dann denkt er das“.  Wenn Sie wissen wollen, warum sich jemand so verhält, wie er es tut, fragen Sie ihn.

Denken Sie stets daran: Der Mensch wirkt nicht direkt auf die Realität ein, sondern vielmehr auf seine Vorstellung von ihr. Wenn Sie sich intensiver mit diesem Konzept „Die Landkarte ist nicht die Landschaft“ für sich befassen, es verinnerlichen und vor allem akzeptieren, fällt Ihnen so manche kontroverse Situation leichter. Akzeptieren ist nicht einverstanden sein, es ist ein Respektieren einer anderen Sicht der Dinge.

Foto: Hassas Arts auf Pixabay

Sich das Konzept „Die Landkarte ist nicht die Landschaft “ anzueignen, bedeutet also, das traditionelle Paradigma „Du hast Unrecht und ich habe Recht“ zu verlassen und in das wesentlich subtilere Denkmodell „Wer bin ich und wer bist du, um so zu denken und die Realität auf diese Weise wahrzunehmen“ einzutreten. Diese neue Beziehung zu sich selbst und zur Welt ist ein enormer Schritt in Richtung einer Öffnung gegenüber anderen, wodurch die Kommunikation – auch im beruflichen Leben – erheblich erleichtert wird und nicht selten Lösungsansätze oder Lösungen gefunden werden, die „anders“ sind.

Viel Erfolg!

Header-Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

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