Das Patentrezept für den Erfolg …

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Das Patentrezept für den Erfolg …

… gibt es nicht.

Allerdings haben erfolgreiche Menschen eine ganze Reihe von Charakterzügen und Merkmalen gemeinsam. Gehen Sie mit mir auf eine Reise zum Kern des Erfolgs.

Der Gedanke ist nicht neu. Die amerikanische Beraterin und Buchautorin MaryEllen Tribby hat sich bereits vor Jahren mit diesem Thema befasst und ihre berühmte Infografik „The success indicator“ erstellt.

Vorab zum Begriff „Erfolg“: Jeder definiert Erfolg anders. Einigen wir uns auf die Wikipedia-Definition: „Der Begriff Erfolg bezeichnet das Erreichen selbst gesetzter Ziele“. Ob es sich nun um sachliche Ziele – das prall gefüllte Bankkonto oder die Kombination aus Haus, Boot und Pferd – oder um emotionale Ziele wie die große Liebe, Erfüllung oder Anerkennung und Würdigung des Geleisteten handelt, spielt letzten Endes keine Rolle. Das muss jeder für sich entscheiden. Erfolg hat für mich auch etwas mit Zufriedenheit und Erfüllung zu tun. Insofern kann auch eine glückliche Hausfrau und Mutter zweier Kinder, die ihr kleines „Familienunternehmen“ managt, als erfolgreich gelten. Oder ein Handwerker, der sein Tagwerk am Abend zufrieden begutachtet und weiß, dass sich sein Kunde freuen wird.

In den etwa 35 Jahren meines bisherigen Berufslebens sind mir recht viele erfolgreiche Menschen, teils hochkarätige Persönlichkeiten, begegnet und noch viel mehr Menschen, die nicht sehr oder gar nicht erfolgreich waren bzw. sind.

Die vielzitierte Chancengleichheit, von der in den Industrieländern die Rede ist, ist nicht immer und überall uneingeschränkt gegeben. Dennoch gibt es auch Menschen aus sozial schwacher Herkunft, die erfolgreich sind, und Kinder sehr wohlhabender Eltern, denen unter anderem in punkto Bildung alles ermöglicht wird, die kläglich scheitern. Ja, die Umstände sind dabei enorm wichtig. Manche Menschen sind vom Pech, Unglück, von Krankheit usw. verfolgt, und der legendäre Kommissar Zufall spielt natürlich auch eine Rolle. Die Analyse äußerer Ursachen für Nicht-Erfolg könnte bis ultimo fortgesetzt werden. Fehlender Erfolg soll auch nicht als Makel angesehen werden. Es geht hier lediglich um einige Beobachtungen.

Für mich ist im Laufe der Jahre eines klar geworden: Erfolg ist Einstellungssache. Aha, Sie meinen, das klingt wie „Yes, we can“ oder die deutsche Fassung von „the american dream“? Und wenn?! Erfolg beginnt im Kopf, in der Denkweise, in der Herangehensweise – welche Ziele auch immer ich erreichen möchte. So so, Sie wollen im Lotto gewinnen, strengen sich Woche für Woche an – und doch will es nicht klappen? ***Das*** hat nichts mit „Erfolg“ zu tun – und ich denke, das wissen Sie.

Was ist mir bei beruflich erfolgreichen Menschen, ob sie nun an der Spitze eines internationalen Konzerns mit 140.000 Mitarbeitern standen oder als einzelkämpfender Freiberufler ihren Mann oder ihre Frau standen, aufgefallen? Zu allererst, dass sie positiv denken. Ihre erste Reaktion auf Vorschläge, Anregungen, Anmerkungen, Ideen, Fragen und Erzählungen jeder Art sind konsequent positiv. Angesichts zweier Alternativinterpretationen wählen sie nicht zuerst die ungünstige, sondern beziehen ein Hinterfragen auf die positive Deutung. Und damit ist das Feld für den Erfolg schon bestellt! Alles andere ist fast nur noch Beiwerk.

Erfolgreiche Menschen sind frei von Neid und Missgunst – sie freuen sich aufrichtig über den Erfolg anderer. Sie loben andere, würdigen deren Erfolge, motivieren und spornen für weitere an. Sie suchen nicht das Haar in der Suppe und kritisieren nicht das Detail Nr. 37, sondern nicken erst einmal anerkennend und geben das auch zum Ausdruck. Sie teilen Erfolge, seien sie noch so klein, und freuen sich über die Leistung ihrer Mitmenschen. Mehr noch – sie wünschen sich, dass die Menschen, mit denen sie zu tun haben, ebenfalls Erfolg haben. So habe ich es bisher erlebt. Brainstorming über ein Thema mit erfolgreichen Menschen? Ein echter Genuss, denn das Ganze gestaltet sich fruchtbar und unglaublich zielführend! Die gleiche Übung in einer Gruppe mit nicht erfolgreichen (also nach „meiner“ Definition mit nicht erfüllten) Menschen? Das Ganze entwickelt sich zu einem miesepetrigem, manchmal sogar komplett destruktiven Unterfangen, in dem nur noch „ja, aber … das geht nicht … Achtung … ihr könnt doch nicht … das wird schief gehen … die Lösung funktioniert bei mir nicht … bei mir ist das anders …“ usw. zu hören ist. Vernünftige Argumente, „es doch mal zu probieren“ prallen wie an einer Glaswand ab. Hoffnungslos!

Für mich hat das alles mit Intelligenz zu tun, wobei ich mit „Intelligenz“ nicht unbedingt Menschen mit einem IQ über 130 oder 140 meine. Neid und Missgunst, immerzu über die eigene als unglücklich empfundene Situation jammern und womöglich die Schuld bei anderen suchen, von anderen erwarten, dass „sie es richten“ oder Fertiglösungen auf einem Tablett servieren … das sind Haltungen, die einen nicht voranbringen. Täglich 20 Ideen haben, darüber nachdenken – und wenn es nur in der kurzen Zeit der morgendlichen Dusche ist – selbst wenn man alle Ideen verwirft, um dann die 21. Idee umzusetzen: Das ist ein Merkmal, das erfolgreiche intelligente Menschen kennzeichnet.

Sicher werden Ihnen genügend Konzernchefs, Politiker, Meinungsbildner und andere Menschen einfallen, die so gar nicht in das oben skizzierte und zugegebenermaßen etwas überspitzt dargestellte Bild passen, weil sie vielleicht skrupellos über die Würde des Menschen hinwegschauen und es billigen, dass Näherinnen weit weg von Europa unter inakzeptablen Bedingungen arbeiten oder Tiere unter ebenso schlimmen Bedingungen gehalten, transportiert und geschlachtet werden. Diese Menschen sehen sich möglicherweise in wirtschaftlicher Hinsicht als erfolgreich, aber mit Erfüllung hat das nichts zu tun. Gier, nach Macht oder Geld, war noch nie ein guter Berater. Die erfolgreichen Menschen, die ich meine, tun Gutes, und wenn es nur kleine, vermeintlich unwichtige Dinge sind. Zum einen, weil es ihnen Freude bereitet, und zum anderen, weil sie dankbar sind für den Erfolg, den sie erleben.

Pragmatisch betrachtet, sind erfolgreiche Menschen in der Regel gut organisiert, strukturiert, ohne den Sinn für das Schöne und die Muße zu verlieren. Sie führen eine To-do-Liste und betrachten ihre eigene Situation als Prozess. Sie geben sich nicht mit dem Erfolg des Augenblicks zufrieden, sondern setzen sich gleich ein neues Ziel: Mal sehen, ob ich das kann, ob ich das schaffe – das wäre doch gelacht … Zur Erinnerung: Es geht (mir) hier nicht um das dicke Bankkonto oder den nächsten fetten Auftrag, nicht um das berühmt-berüchtigte „höher – besser – schneller als der andere“. Erfüllung ist das Stichwort, auch in kleinen Dingen. Wenn ich meinem Terrier Filou beibringen will, über eine neu erworbene Hürde zu springen, und er konsequent links oder rechts vorbeiläuft – vielleicht weil er keine Lust hat darüber zu springen – und er irgendwann doch springt, dann ist das ein kleiner, netter Erfolg, der uns beide, Filou und mich, dann glücklich macht.

Übrigens sind erfolgreiche Menschen Charaktere, die nicht nachtragend sind, nicht grundlos schroff oder abweisend sind, die Konflikte sachlich austragen können, ohne einen Scherbenhaufen zu hinterlassen, und vor allem die bereit sind, sich mit Andersdenkenden auszutauschen, auch wenn sie wissen, dass sie am Ende ihre Meinung nicht ändern werden. Aber im Austausch haben sie dann ein wenig dazu gelernt. Und das macht sie zufrieden. Sie haben durchaus Prinzipien, aber sie müssen nicht darauf herumreiten. Zumindest nicht ernsthaft. 😉

Was bedeutet das alles für freiberufliche Übersetzer?  Der Übersetzungsmarkt zeichnet sich durch eine außerordentlich große Bandbreite in Bezug auf die Qualität der Leistung, einhergehend mit der fachlichen und unternehmerischen Eignung der freiberuflichen Dienstleister, sowie in Bezug auf die Preise aus. Wen wundert es also, dass viele freiberuflich tätige Übersetzer scheitern oder aber sich ihr Berufsleben lang  „abstrampeln“, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Die wichtigsten Gründe des Scheiterns können hier nachgelesen werden.

Zu den Faktoren, die in dem verlinkten Blogpost ausgeführt sind, kommen noch die innere Haltung, die Einstellung zur „Arbeit“, das Interesse am eigenen Vorankommen, auch Ehrgeiz genannt – ein Wort, das in Deutschland eher negativ besetzt ist -, und die Merkmale, die ich oben genannt habe, hinzu. In dem einen oder anderen Fachforum ist mir in den letzten Jahren aufgefallen, dass erschreckend viele freiberufliche Übersetzer nach eigenen Aussagen zwar „viel“ arbeiten, darin jedoch keine Erfüllung sehen, sondern ein notwendiges Übel, also mehr „Frust als Lust“ empfinden. Wie schade! Da lese ich, dass man nach 5 Stunden schon „völlig kaputt“ sei oder nicht mehr „als 2500 Wörter“ am Tag übersetzen könne. In der Industrie, in der Menschen im Schichtbetrieb 8 Stunden Leistung bringen müssen, weil jedes gefertigte Produkt über die Qualitätskontrolle geht, hätten solche Übersetzer keine Chance, die Probezeit zu überstehen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Es geht nicht darum, sich zu Tode zu arbeiten (das schaffen ohnehin nur die wenigsten „Schreibtischtäter“), aber 5 Stunden Arbeit pro 24 Stunden? Das kann doch nicht sein! Übrigens: Die meisten erfolgreichen und erfüllten Menschen, die ich kenne, ***müssen*** gar nicht mehr arbeiten und  tun es dennoch mit großer Freude, und zwar, liebe Kollegen, keineswegs „wegen der Kohle“.

Zur eigenen Verteidigung heißt es dann in den Foren: „Ich brauche nicht mehr Geld, das genügt mir, ich will Spaß am Leben …“ und ähnliche Argumente. Nun ja, die Fun-Generation wird irgendwann einmal, wenn sie physisch und/oder geistig nicht mehr in der Lage ist, ihren Lebensunterhalt durch ihre Arbeitskraft zu bestreiten, mehrheitlich vom Sozialamt abhängig sein. Und das müsste nicht sein.

Erfolg – in dem Sinn, den ich hier meine – fängt damit an, dass man sich fragt: Was will ich? Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Übersetzerkollege Kannsofix arbeitet 10 Stunden täglich und das 6 Tage in der Woche und hat dennoch Schwierigkeiten, finanziell über die Runden zu kommen. Auch Kollege Satzofon ist in der gleichen Situation. Allerdings arbeitet Letzterer im Durchschnitt ca. 5-6 Stunden am Tag. Beide haben dasselbe Ziel: „irgendwie“ mehr Umsatz erzielen. Und beide erhalten dieselben Vorschläge: sich gut am Markt positionieren, „gute“ Kunden akquirieren und sich eine Stammkundschaft aufbauen, Billigheimer-Angebote von drittklassigen Übersetzungsagenturen ablehnen, sich weiterbilden, sich mindestens ein Fachgebiet gründlichst erarbeiten, die Spracherkennungssoftware Dragon NaturallySpeaking einsetzen (DNS) usw.

Kollege Satzofon reagiert so: „Ach, Marktpositionierung, was heißt das schon? Und gute Kunden? Heute will doch niemand mehr für Leistung bezahlen. Die Agenturen zahlen sowieso nur 6 oder maximal 8 Cent das Wort. Mehr ist nicht möglich. Weiterbildung? Dazu habe ich keine Zeit. Und mit der Software DNS kann ich ganz sicher nicht arbeiten, ich kann doch meine Übersetzungen nicht diktieren, das funktioniert nicht, nicht bei meinen Texten. Und überhaupt… Die Software kostet 150 Euro, das will ich jetzt nicht investieren. Direktkunden? Ich bleibe lieber bei den Agenturen, auch wenn die wenig zahlen. Direktkunden sind bestimmt schwierig, und die Beziehungen muss man ja ständig pflegen. Agenturen nehmen einem den ganzen Aufwand für die Abwicklung ab. Und Akquise bedeutet ja auch einen enormen Aufwand. Ach, das hat doch alles keinen Sinn, die Zeiten sind eben schwierig …“

Kollege Kannsofix greift sofort die erste Idee auf und fragt, wie eine gute Marktpositionierung zustande kommt. Auch zum Thema Akquise fragt er einem Löcher in den Bauch: „Welche Strategie kann ich fahren? Welche Firmen kommen für mich infrage? Wen kann ich dort ansprechen? Ist eine Mail ausreichend oder ein Telefonat zielführender? Wie führe ich ein solches Telefonat? Wer kann mir helfen, ein entsprechendes Akquiseschreiben zu erarbeiten? usw.“ Herr Kannsofix lässt sich die Vor- und Nachteile der Spracherkennungssoftware erläutern und ist begeistert, als er hört, dass er damit seine Produktivität enorm steigern kann. Er erkundigt sich nach den aktuell gefragten Fachgebieten und wie er sich da einarbeiten kann. Nach einigen Tagen meldet er sich und berichtet über erste Umsetzungen, eine Anmeldung zu einer Weiterbildung, erste Rechercheergebnisse zum Thema Kunden usw.

Ja, Erfolg hat etwas mit der inneren Haltung zu tun. Und mit dem Verhältnis zum eigenen Hosenboden. In diesem Sinne: viel Erfolg!

  1. Liebe Giselle,

    danke für diesen tollen Blogeintrag. Meiner Meinung nach hast du 100% recht. Man kann alles erreichen, wenn man nur möchte. Ich habe es selbst erlebt. 😉

    Liebe Grüße,

    -Iris

    • Liebe Iris, danke für dein Lob und deine Zustimmung.
      Es ging und geht mir ja nicht darum, Recht zu haben. Tatsächlich macht die innere Einstellung jedoch sehr viel aus. Dass du es selbst erlebt hast, freut mich sehr. 🙂
      Liebe Grüße
      Giselle

  2. Liebe Frau Chaumien, Ihrer Seite folge ich erst seit sehr kurzer Zeit. Ihr Blog gefällt mir sehr gut, denn Sie sprechen eine lebendige Sprache, sind mit der Nase ganz, ganz nah am Geschehen und haben wache Augen, die Nähe und Distanz, das Detail und das Große Ganze sehr gut auseinander halten können.

    Das Patentrezept für den Erfolg gefällt mir. Auch die pragmatische Übersetzung in Ihre Geschäftswelt, die sich gut auf andere Dienstleistungsbereiche übertragen lässt. Auch die dahinterliegende Recherche – ich bin der Spur weiter gefolgt – lädt zur Vertiefung und weiteren Auseinandersetzung ein.

    Danke für diesen interessanten Beitrag!
    Petra Schulte

    • Liebe Frau Schulte,
      ganz herzlichen Dank für dieses dicke Lob. Als „ältere Häsin“ im Geschäft rund um Sprache, Texten, Lektorat, Übersetzen und Beratung von Existenzgründern versuche ich, eine Brücke zwischen Kunden einerseits und Freiberuflern – insbesondere den sog. Newbies – andererseits zu schlagen. Als Unternehmertochter kann ich das Ganze auch mit den Augen des Auftraggebers betrachten. Hinzu kommt meine langjährige Erfahrung in der Automobilzulieferindustrie. Vor allem ist es mir wichtig, meinen jüngeren KollegInnen aufzuzeigen, dass im Wort Dienstleister die Begriffe „Dienst“ und „Leistung“ stecken.
      Nochmals danke und viele Grüße
      Giselle Chaumien

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