Mein Übersetzergedicht
Wenn alle schlafen und schwelgen in süßen Träumen
Dunkelheit über den Häusern, Gärten und Bäumen
Da brennt ganz oben, dort unterm Dach
Ein einziges Licht, ja, da ist noch jemand wach.
Kein Greis, der den geruhsamen Schlaf nicht findet,
Kein Nachtsportler, der sich die Schuh‘ zum Joggen bindet,
Selbst Spätinsbettgeher schnarchen schon lange,
Frühaufsteher warten noch auf das Radiogesange.
Wer ist denn da, wo das Licht so hell flimmert
Und doch ganz anders als ein Fernseher schimmert?
Da sitzt ein Mensch, dem raucht der Kopf,
Ist das denn nicht ein armer Tropf?
Er wälzt die Bücher, reitet durchs Netz,
Die Finger, sie fliegen, was für ein Gehetz‘!
Die Tastatur, sie glüht und fleht fast um Gnade,
Die Wörter, sie rennen wie bei der Olympiade.
Noch zweitausend Wörter liegen auf der Platte
Und wollen, dass er sie wegfegt, von der Matte.
Ob Englisch, Französisch, Polnisch oder Klingonisch
Hauptsache verwurstet, ja, so isses, das sag ich.
Und dann am Ende des Tunnels das klitzekleine Licht
Letzter Satz, ah, noch eine Fußnote, der arme Wicht.
Dann lehnt er sich zurück, zufrieden und etwas leichter
Traumberuf Übersetzer, und stets bei ihm, die guten Geister.