Unverzichtbar: Klosett-Papier

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Unverzichtbar: Klosett-Papier

So wichtig wie Grundnahrungsmittel

Papier gibt es in vielfältiger Ausführung für ebenso vielfältige Anwendungsbereiche … Aber keines ist so wichtig wie … Klopapier. Und wer hätte 2013, als ich diesen Beitrag erstmals einstellte, dass Toilettenpapier in Zeiten der Corona-Pandemie einmal zur Mangelware in deutschen Läden würde.

Klopapier, auch Toilettenpapier oder – seltener – WC-Papier (le papier hygiénique, le papier toilette)  soll es erstmals im 6. Jahrhundert in China gegeben haben. Eindeutig belegt ist, dass es 1857 in den USA in Form von losen Blättern erstmals industriell produziert wurde.

Das Angebot (l’offre)  an ausgefallenen Toilettenpapierausführungen ist heute groß. Neben den bekannten Geldscheinrollen und den jeweils aktuellen Merchandising-Artikeln mit dem Konterfei der Diddl-Maus oder Prinzessin Lillifee kann der Interessierte 5 Euro und mehr für eine Rolle (un rouleau, des rouleaux)  mit Uli Stein Cartoons oder Zitaten bekannter Autoren bedrucktes Klopapier berappen. Die Hersteller (le fabricant, le producteur)  solcher Produkte werben damit, dass der Einsatz ihrer Artikel auf Partys ganz bestimmt zum Gelingen (la réussite)  eben dieser beiträgt. Rätselfreunden macht man sicher eine ganz besondere Freude mit Kreuzworträtsel-Toilettenpapier (les mots croisés) oder Sudoku-Klopapier (le sudoku*) – bitte immer einen Stift (un crayon) oder Kugelschreiber (un stylo à bille) bereit legen! Wundern Sie sich jedoch nicht, wenn der Gang aufs Örtchen zur längeren Sitzung (la séance) wird.

Ob es tatsächlich sinnvoll ist, Toilettenpapier auch als Werbemittel (le moyen / le support publicitaire)  einzusetzen, bleibt dahin gestellt: bedruckt mit dem Logo des Unternehmens oder einem fetzigen Werbespruch könnte das Ganze buchstäblich… nach hinten losgehen (le retour de manivelle).

Das „normale“, also handelsübliche Toilettenpapier, das man im Super- oder Drogeriemarkt erwerben kann, ist nur noch selten zweilagig, öfter dreilagig und für den besonders empfindlichen „Podex“ sogar vier- oder fünflagig (double, triple, quadruple, quintuple épaisseur). Auch dieses wird bedruckt angeboten – bei einem Discounter gab es im Dezember letzten Jahres sogar welches mit Rentieren – wie passend für die Vorweihnachtszeit.

Die Oberfläche von Toilettenpapier wird bei der Herstellung mit einer Prägung versehen, dadurch erreicht man bei mehrlagigen Ausführungen (en plusieurs épaisseurs)  die Haftung der Einzellagen untereinander sowie die Festigkeit des Blattes. Bei meinen Recherchen zu diesem Artikel befragte ich auch eine Reihe von Personen zu ihren Erfahrungen. Dabei stellte sich heraus, dass bei schwierigen, also länger andauernden „Sitzungen“ die drei Lagen – zur Milderung der Langeweile – auseinander gefieselt werden, manchmal sogar zum Basteln von Origami-Figuren herhalten müssen. Na denn …

In Frankreich kann, wie hier bereits berichtet wurde, nicht nur die WC-Vorrichtung anders sein, sondern auch das Klopapier. Natürlich gibt es auch die bekannten Rollen mit vorperforierten Abreißblättern. Überwiegend wird jedoch Toilettenpapier als Päckchen loser Blätter (papier hygiénique en feuilles) verkauft, die ineinander gelegt sind – ähnlich wie die bekannten (oft grünen) Papierhandtüchern in den Toiletten von Restaurants. Hierfür benötigt man dann keinen Rollenhalter (le dévidoir mural), sondern eine Art Kästchen mit einem Schlitz (une fente), durch den das erste Blatt beim Auffüllen geschoben wird. Der Verrichtende zieht das Blatt aus dem Schlitz, und so befördert ein Blatt das nächste quasi automatisch heraus.

So weit, so gut. Damit kann man – mit etwas Übung – leben. Viel weniger angenehm ist so manches Material, mit dem man in Frankreich bis 1970 etwa in einfachen Restaurants, Bistros oder auch Firmen und ausnahmslos in den ach so sparsamen Behörden und den Zügen der SNCF vorlieb nehmen musste: das papier « bulle corde lisse »  war ziemlich glatt, erinnerte etwa an Butterbrot- oder Backpapier, mit ähnlicher Beschaffenheit und Farbe wie dieses. Zum Abgewöhnen!

Die weichen Toilettenpapiere gibt es in Europa übrigens erst seit Beginn der 1970er Jahre, vorher wurde lediglich ziemlich raues Krepppapier (papier crêpé) angeboten. Der Trend geht zu immer softeren (plus doux)  und gleichzeitig widerstandsfähigeren (plus résistant)  Ausführungen und Forschern der Branche gelingt der Spagat zwischen:

  1. Komfort (le confort) ,
  2. Effektivität (hohe Saugfähigkeit) (l’efficacité, la capacité d‘absorption) ,
  3. Wirtschaftlichkeit (efficacité économique)  (Vermeidung von Blättern, die in der Mitte reißen) und
  4. problemloser Entsorgung (l‘évacuation)   (Vermeidung von verstopften Toiletten, éviter de boucher les WC)

– das Ganze zu möglichst niedrigen Preisen – mit Bravour. Die vermeintliche Krönung ist zudem noch parfümiert – die Wirkung dieser Duftzugabe jedoch stark umstritten – oder beispielsweise mit Aloe Vera behandelt (enrichi à l’aloé véra) . Vornehmlich in Belgien** wird extra-breites Klopapier (maxi-feuilles) angeboten. Ob man sich dafür einen zweiten Rollenhalter zulegen sollte?

Dem Statistischen Bundesamt zufolge  geben die Deutschen jedes Jahr mehr als eine Milliarde Euro für Toilettenpapier aus (Stand 2011), die Franzosen über 1,4 Mrd. Euro. Mengenmäßig entspricht das einem Pro-Kopf-Verbrauch von durchschnittlich 13 Kilo in Deutschland, wobei der Durchschnittsverbrauch (la consommation moyenne par personne)  in Europa bei 15 Kilo, in Frankreich bei 18 und in der Schweiz übrigens bei 21 Kilo, jeweils jährlich, liegt.

Bei alledem darf nicht vergessen werden, dass Toilettenpapier nach dem Gebrauch (l‘utilisation)   in die Abwasserkanäle (les égoûts)   und Kläranlagen (la station d’épuration des eaux)   gelangt. Laut Umweltbundesamt sind WC-Papiere aus Recyclingfasern (fibres recyclées)  deutlich ökologischer als Papiere aus Frischholzfasern, denn hierfür wird  weniger Holz, Wasser und Energie verbraucht. Dass Recycling-Klopapier rau (rugueux)   und weniger hygienisch sei, wie Kritiker es gerne behaupten, gilt heute nicht mehr.

Die alles entscheidende Frage (la question décisive)   ist, wie der Verbraucher (le consommateur)  das Klopapier nutzt: Werden die Blätter aufeinander gelegt (superposer), gefaltet (plier), geknüllt (froisser, bouchonner), gerollt (rouler)…? Werden sie einzeln abgerissen (arracher)   oder jeweils drei, vier oder mehr Blätter am Stück von der Rolle abgerissen, die dann zur individuellen Nutzung bereit gelegt werden?

Bevorzugen Sie es, wenn das Abreißblatt oben, also über der Rolle oder unten bereit hängt? Diese wichtigen Fragen – und noch viel mehr – können Sie auf dieser spannenden und durchaus informativen Website (in Englisch) recherchieren, die einzig und allein dem Toilettenpapier und den damit verknüpften Statistiken gewidmet ist.

Übrigens: Ganze drei Jahre unseres Lebens verbringen wir im Durchschnitt … auf dem Klo.

(*) Das Wort le sudoku ist in diesem Zusammenhang „pikant“, da es – französisch ausgesprochen – nichts anderes als „der Süden am Arsch“ bedeutet, denn – Verzeihung, aber auch dies gehört zum Wortschatz einer Sprache – le cul  bedeutet tatsächlich der Arsch. Deshalb heißt Klopapier auch auf dieser Sprachebene PQ [pe-kü] für papier cul.

(**) Für diejenigen, die es nicht wissen: Belgier sind für uns Franzosen das, was Ostfriesen für Deutsche sind.

  1. Sehr interessant ! In vielen Ländern aber wird Klopapier als unnötiger Luxus betrachtet, z. B. in Indien. In jedem indischen Klo steht alles da, um sich den Popo mit angenehm lauwarmem Wasser zu waschen: eine kleine Handbrause oder ein Eimer voll Wasser.:-)

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