Französische Suppenkultur
Am 22. Januar 2013 jährt sich zum 50. Mal die Unterzeichnung des Elysée-Vertrags. Konrad Adenauer und Charles de Gaulle besiegelten damit die deutsch-französische Freundschaft und Zusammenarbeit. Ein Grund mehr, an dieser Stelle hin und wieder über große und kleine Eigenheiten der Franzosen und Deutschen zu berichten.
Längst hat das Bild von Monsieur Dupont, dem Franzosen mit der Baskenmütze auf dem Kopf und der Gauloise im Mundwinkel, der sich von steak frites, baguette, camembert und escargots – natürlich mit Rotwein – ernährt, einer anderen differenzierteren Vorstellung meiner französischen Landsleute Platz gemacht. Und dennoch: Mein französischer Opa trug einen solchen béret basque und fuhr tatsächlich auf einem vélo solex zum Bäcker in den nächsten, fünf Kilometer entfernten Ort, um ein Baguette zu kaufen, das er unter den linken Arm klemmte, bevor er wieder nach Hause fuhr. So war das. Er lebte in Villechaud, einem Dorf mit ein paar hundert Seelen, wo es bis etwa Ende der sechziger Jahre kein fließendes Wasser gab. Ja, in Frankreich. Es gab einen Dorfbrunnen, wo jeder Wasser holte, das sparsam verwendet wurde.
Am Abend gab es zum Beispiel un potage aux légumes, eine Suppe aus püriertem Gemüse aus dem eigenen – natürlich – Gemüsegarten, le potager. Mein Großvater Henri goss einen Schluck Rotwein in die Suppe – „faire chabrot“ heißt diese Praktik, die inzwischen auch einige Spitzeköche in Frankreich (wieder-)entdeckt haben.
Übrigens gibt es, so mein Eindruck, kaum ein Land, in dem das Gericht „Suppe“ so viele unterschiedliche Namen trägt – natürlich mit jeweils abweichenden Bedeutung.
La soupe ist der Sammelbegriff, während le potage am ehesten dem deutschen Eintopf entspricht. Le potage clair, auch consommé, ist flüssiger und konzentriert, während le potage lié dickflüssiger (weil gebunden) ist und Bezeichnungen wie „crème“ oder „velouté“ tragen: la crème aux champignons, le velouté d’écrevisses…
Eine Wendung, die heutzutage kaum noch verwendet wird, lautet übrigens: pour tout potage, was soviel heißt wie „en tout et pour tout“, also „alles in allem“.
La bisque ist eine cremige Suppe aus Krustentieren, wie beispielsweise Hummer oder Garnelen.
Le bouillon ist eine Brühe, zum Beispiel le bouillon de poule, die Hühnerbrühe, oder bouillon de boeuf, die Rinderbrühe. Konzentriert man diese Brühe und gibt man beispielsweise Julienne-Gemüse (in feinen Streifen geschnittenes Gemüse) hinzu, erhält man die bereits genannte „consommé“.
Das Wort bouillon kommt von bouillir, kochen. So heißt es in Rezepten „faire bouillir le lait…“ (die Milch zum Kochen bringen) oder auch porter à ébullition. Die Konjugation des Verbs bouillir ist übrigens äußerst interessant und eine Herausforderung selbst für Franzosen.
Beschreibt man jemanden als soupe au lait, dann sieht er oder sie nicht etwa aus wie eine Milchsuppe. Nein, dieser Ausdruck bezeichnet eine Person, die leicht in Wut gerät: ein Hitzkopf.
Welche Eigenheiten sind Ihnen / Euch in Frankreich oder bei Franzosen aufgefallen? Ich freue mich über Ihre / Eure Kommentare.