Falsche Freunde (1)

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Falsche Freunde (1)

Von falschen Freunden im Sprachpaar Deutsch-Französisch

Nein, Frankreich ist mir zu anstrengend“, beteuerte kürzlich eine Bekannte. Braun gebräunt, sichtlich erholt und mit deutlich mehr Speck auf den Rippen als noch drei Wochen zuvor. Empört ruckelte sie an ihrem Einkaufswagen: „Wenn Franzosen etwas sagen, meinen sie oft etwas ganz anderes als wir, das macht einfach keinen Spaß!“. Aha…

Im Supermarkt trifft man immer die gleichen Leute. Ich zumindest.  So laufe ich schon seit Jahren immer wieder einer Frau über den Weg, die mir jedes Mal ein Stückchen ihres Lebens erzählt oder einen wertvollen Tipp für den Haushalt verrät. Letzte Woche war sie etwas verärgert, weil sie – auf meine Empfehlung hin – nach Frankreich in Urlaub gefahren war. Mit ihrem dürftigen und vor über dreißig Jahren angeeigneten Schulfranzösisch buchte sie einen Wellness-Aufenthalt und kam enttäuscht zurück. In ihrer wirren Erzählung entrüstete sie sich darüber, dass die hoteleigene Kosmetikerin sie auf ihre Visage ansprach und der Kellner am Abend ihr eine Infusion anlegen wollte. Und statt der im Pauschalpreis enthaltenen Kurse zur Körperertüchtigung riet ihr der unverschämt gut aussehende Sporttrainer, wieder die Schulbank zu drücken und aufs Gymnasium zu gehen. Außerdem war nur der ordinäre Wein im Hotelrestaurant kostenlos, für ein besseres Tröpfchen musste man bezahlen. Was war geschehen?

Richtig! Sie hatte es mit sog. falschen Freunden zu tun. Nein, keine Betrüger. Sondern Wörter, die – in diesem Fall – in Französisch ähnlich wie in Deutsch klingen, jedoch etwas anderes bedeuten. Diese falschen Freunde (les faux amis) können den gleichen oder einen ähnlichen Ursprung und sich dann verschieden entwickelt haben. Dass falsche Freunde häufiger in Sprachpaaren vorkommen, die verwandt sind, wie beispielsweise Deutsch und Niederländisch, oder solchen, die häufiger in Kontakt miteinander treten, wie Deutsch und Französisch oder Deutsch und Englisch, ist einleuchtend.

Übrigens gibt es auch innerhalb einer Sprache falsche Freunde – um genau zu sein, ist das ein „falscher Bruder“ bzw. ein Paronym. Beispiele aus der deutschen Sprache:

  • adoptieren – adaptieren
  • Intention – Intension
  • formal – formell
  • rational – rationell
  • Genus – Genuss
  • Kindbett – Kinderbett
  • kindisch – kindlich

Paronyme bilden häufig die Ursache von Fehlern in der Rechtschreibung (z.B. dt. der Föhn – der Fön oder frz. la balade – la ballade) oder in der Zuordnung zum Genus (z.B. dt. das Pony – der Pony). Auch können Falschanwendungen zu Missverständnissen und kuriosen bis witzigen Formulierungen führen. Das wohl bekannteste Beispiel ist der berühmte Satz des Sportreporters Heinz Maegerlein, der 1959 ein Skiwettbewerb kommentierte: „Tausende standen an den Hängen und Pisten.“ Und erst kürzlich äußerte sich ein Fußballexperte bei der Europameisterschaft: „Ich sag das nicht, weil ich damit imprägnieren will“. Das freut einen.

Nebenbei bemerkt, sind solche Aussagen für uns Übersetzerprofis mit die größte und schwierigste Herausforderung. Oft hilft nur, ein völlig abweichendes Wortpaar und damit ein völlig abweichende Situation wiederzugeben.

Paronymbeispiele aus der französischen Sprache:

  • invoquer – évoquer
  • ennoblir – anoblir
  • apurer – épurer
  • balade – ballade
  • partial – partiel

Zurück zu unseren interlingualen falschen Freunden.

Erwähnenswert sind auch die wenigen Fälle, die nicht mehr als solche bezeichnet werden können, weil sich die Bedeutung im Laufe der Zeit durch allzu häufiges „falsches“ Verwenden angenähert hat. Ein Beispiel, das sicherlich ursprünglich aus dem Englischen kommt, aber auch für die französische Sprache gilt, ist das Verb „realisieren“. Ursprünglich für „verwirklichen, umsetzen“ eingesetzt, kann es jetzt auch für „erkennen, wahrnehmen, sich einer Sache bewusst werden“ verwendet werden.

Englisch Französisch Deutsch
to realize (AE) / to realise (BE) réaliser realisieren
I realised it was only a wonderful dream. Je réalisai que ce n’était qu’un merveilleux rêve. Ich realisierte, dass es lediglich ein wunderschöner Traum war.

Und was hat es nun mit dem „Kilo Pech für den Kavalier mit der flotten Visage“ auf sich? Wer es weiß, kann gerne einen Kommentar eingeben.
Eine Auswahl falscher Freunde in der Sprachpaarung Deutsch – Französisch gibt es hier als Download.

  1. Ich kann zwar kein Französisch, aber ich vermute, der Spruch hat was mit dem obigen Foto, mithin etwas mit einem Reiter (chevalier?) auf einem schwarzen Pferd zu tun.

    • Nicht schlecht, Kai. Die erste Vermutung ist richtig: Es hat etwas mit dem Foto zu tun. Ein „chevalier“ ist ein Ritter – mehr verrate ich (noch) nicht. Und ob das Pferd schwarz oder braun ist, spielt hier keine Rolle. Mal sehen, ob noch mehr Hypothesen reinkommen. Danke Dir auf jeden Fall 🙂

        • Erbsen? Hallo Sabine, wie kommst Du auf Erbsen? 😉
          Übrigens, ganz am Ende des Artikels gibt’s eine pdf mit einer großen (nicht erschöpfenden) Liste dieser sog. falschen Freunde. Die Lösung ist darin zu finden…

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