Fachgebiet Telematik

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Fachgebiet Telematik

Weit gefasstes Fachgebiet rund um die Informatik

Im Rahmen des für Übersetzer* unverzichtbaren Themas Spezialisierung will ich nach und nach spezielle Fachgebiete skizzieren, die nicht nur spannend, sondern für kompetente Fachübersetzer auch gute Honorare garantieren.

Nach Bionik heute nun:

TELEMATIK

Der Begriff Telematik setzt sich zusammen aus Telekommunikation und Informatik und bezeichnet Ressourcen, in denen diese beiden Fachgebiete eng verknüpft sind, um praktikable Lösungen auf vielerlei Feldern zu entwickeln. Die Technologie verknüpft mindestens zwei datenverarbeitende Systeme mittels Telekommunikation miteinander, in vielen Anwendungen kann aber auch ein wesentlich komplexeres System dahinter stecken. Für die Verknüpfung werden spezielle Programme und Systeme verwendet, um relevante Daten erfassen und verarbeiten zu können, die von einem Sender an einen Empfänger überspielt werden. Die Technologie ist derzeit stark in der Entwicklung und erobert nahezu alle Bereiche der Wirtschaft und des täglichen Lebens (und ist daher ein interessantes Fachgebiet für Übersetzer). Die wichtigsten Felder sind unter anderem folgende:

>> Verkehrstelematik (international gebräuchlicher Begriff IST, englisch für: Intelligent Transportation Systems): Unterstützung der Koordinierung innerhalb von oder zwischen Verkehrssystemen wie Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Luftverkehr. Telematiksysteme für einen besseren Verkehrsfluss. Telematiksysteme kommen auch in Navigationsgeräten zum Einsatz. Dank GPS-Ortung und Informationen über das Verkehrsaufkommen auf einer bestimmten Route kann Verkehrsteilnehmern bei dichtem Verkehr oder Gefahrensituationen eine alternative Route vorgeschlagen werden.

>> Flottentelematik für das Flotten-/Fuhrparkmanagement, also Verwaltung und Controlling von Flotten (Pkw, Lkw, Busse, Züge …): Als Flotte oder Fuhrpark wird die Gesamtheit aller Fahrzeuge bezeichnet, die eine Organisation, zum Beispiel ein Unternehmen oder eine Behörde, unterhält. Stellen Sie sich die DEUTSCHE POST, UPS oder ein internationales Industrieunternehmen wie Siemens vor, die Flotten in der Größenordnung von mehreren tausend Fahrzeugen unterhalten. Fahrstrecken, Fahrzeugdaten und Betriebszustand sind kontinuierlich zu prüfen: Fahrzeuggeschwindigkeit (diese ließe sich aber auch über die GPS-Daten berechnen), Motordrehzahl, Kühlmitteltemperatur, Fehlerspeicher, Kraftstoffverbrauch usw. Weitere relevante Daten: Fahrzeugortung, Controlling,  elektronisches Fahrtenbuch, Diebstahlschutz, Alarmmanagement und vieles mehr.

>> Telematik in der Transportlogistik: Vom Prinzip her wie beim Flottenmanagement, nur, dass es sich hier um Speditionen und andere Transportunternehmen handelt. Hier werden zusätzlich die Verkehrs- und Transportdaten und der Standort der Fahrzeuge erfasst sowie die voraussichtliche Ankunftszeit beim Empfänger ermittelt und die GPS-Ortung von Ladeeinheiten oder Fahrzeugen vorgenommen. Telematiklösungen sind aus der modernen Transportlogistik nicht mehr wegzudenken: Denken Sie nur an die Sendungsverfolgung von DHL-Paketen. Denn ein Mangel an Informationen aus dem Fahrerhaus passt nicht in eine Zeit, in der transparente Logistikprozesse grundlegend sind. Deshalb werden zahlreiche Telematik-Apps für einen effektiven und nachhaltigen Transport angeboten, mit denen entscheidende Daten für die effiziente Planung und Optimierung der Lkw-Disposition einschließlich des Monitorings der Lenk- und Ruhezeiten bereitgestellt.

>> Bildungstelematik: E-Learning, Home Learning für Schüler, Studierende usw., für Fernuniversitäten u. dgl. sowie Webinare von Bildungsanbietern und Firmen. Durch die Verknüpfung von Telekommunikation und Informatik wird ein Raum für gemeinsames Lernen geschaffen, der unabhängig vom jeweiligen Aufenthaltsort der Teilnehmer ist.

Foto: hillside7, Pixabay

>> Gesundheitstelematik / Telemedizin einschließlich der hierfür notwendigen Telematikinfrastruktur (e-Health): Patientenstammdatenmanagement, Telekonsultation, Telediagnostik, Telemonitoring, E-Arztbrief, E-Medikationsplan, E-Patientenakte, telemedizinische Anwendungen wie zum Beispiel die telekonsiliarische Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen und Online-Videosprechstunden usw. Dank der Telemedizin werden räumliche und auch zeitliche Distanzen zwischen Ärzten, Therapeuten und Patienten überbrückt.

>> Telebanking (auch e-Banking, Online-Banking oder Homebanking genannt): Abwicklung von Bankgeschäften aus der Ferne durch den Einsatz von Telefon, internetfähigem Computer usw., das heißt, ohne eine Filiale des Kreditinstitutes oder der Kapitalanlagegesellschaft zu besuchen.

Foto: matthiasboeckel, Pixabay

>> Telematik in der Landwirtschaft: Hier geht es um mehr als nur darum, einfach Betriebszeiten der Maschinen und Arbeitszeiten der Mitarbeiter zu erfassen. Ziel ist es, Landwirtschaftsmaschinen effizient einzusetzen, Arbeitsabläufe zu optimieren und die Maschinen durch eine elektronische Diebstahlsicherung zu schützen. Was zählt, sind die Laufzeiten im Verhältnis zur Aktivität einer Maschine. Ob Mähdrescher, Feldhäcksler oder Silagewagen – bei jedem Fahrzeug muss geprüft werden, ob es bestmöglich genutzt wird. Wichtig ist auch, dass Zeiten erkannt werden, in denen die Maschinen nicht ausgelastet sind oder an anderen Orten eingesetzt werden könnten. Welche Äcker wurden bereits bearbeitet, welche Flächen müssen dringend abgeerntet werden? Wo befinden sich aktuell welche Maschinen? Erweist sich die ursprüngliche Zeitplanung als realistisch? Sind alle Maschinen einsatzbereit? Welche Wartungsmaßnahmen sind erforderlich?

>> Telematik im Motorsport: Hier wird meist in den Medien, zum Beispiel bei der TV-Übertragung von Rennen, von Telemetrie gesprochen. Daten über Betriebszustand, Motor, Reifen (Luftdruck, Temperatur …), Aerodynamik, Aufhängung, Fahrerverhalten usw., mithilfe derer das Team im Rennstall unmittelbar Einfluss nehmen kann.

Weitere Felder:

>> E-Business / E-Commerce
>> Sicherheitstelematik
>> Einkaufsmanagement einschließlich Kassenmanagement in Supermarkt- und Discounterketten, verknüpft mit dem Warenverwaltungssystem

und vieles mehr. Es gibt kaum einen Bereich des Alltags, der nicht mindestens im Hintergrund telematisch / telemetrisch eingebunden ist.

Das Fachgebiet für Übersetzer

Der Begriff Telematik wurde 1978 geprägt, das erste Institut für Telematik in Deutschland wurde 1982 am KIT in Karlsruhe gegründet. Inzwischen haben sich zahlreiche weitere Hochschulen dazugesellt, zum Beispiel die TH Wildau bei Berlin, die Universitäten in Göttingen, Lübeck, die TH Deggendorf (Gesundheitstelematik), die TU Ilmenau, die FH Dortmund und HNU Neu-Ulm (beide Telemedizin), TU Dresden (Verkehrstelematik), die TU Graz in Österreich, die Höhere Fachschule Bern in der Schweiz oder die TU Delft in den Niederlanden, um nur einige zu nennen. Das Grundstudium umfasst übrigens auch Fächer wie BWL für Telematiker, Recht für Telematiker, Grundlagen der Elektrotechnik, IT-Administration und Datenschutz. Übrigens werden sehr viele Lernmodule (Vorlesungen, Übungen, Workshops usw.) an den Hochschulen in englischer Sprache abgehalten.

Sicher ist Ihnen klargeworden, dass das Fachgebiet ohne eine gewisse Affinität zur Informatik keinen Sinn für einen Übersetzer macht. Außerdem ist deutlich, dass es ein sehr weitgefasstes Fachgebiet ist, sodass sich der Neuling erst einmal für eine der Disziplinen entscheiden sollte. Die Basisterminologie ist jedoch in allen Disziplinen die gleiche: Verkabelungstechnik, Codierungsverfahren, Signalübertragung, Komprimierungsverfahren, Synchronisierungsverfahren, Ortungs-Technologien, Telematiksystem, Vektor, Vektorraum, Untervektorraum, Linearkombination, aufgespannter Raum, lineare Abhängigkeit, Datenmodelle, Datenbank, Mobilkommunikation, digitale Modulation, Kanalkodierung, Weitverkehrsnetze usw. Wenn Ihnen diese Fachbegriffe auf Anhieb „unsympathisch“ sind und Sie mit IT „wenig am Hut haben“, suchen Sie sich besser ein anderes Fachgebiet für Ihre Spezialisierung. 😉

Foto: Tumisu, Pixabay

Erarbeiten des Fachgebiets

Ein paar Tipps und Empfehlungen:

  • Überlegen Sie entweder schon im Vorfeld oder im Zuge erster Recherchen nach Infos, für welche Disziplin Sie sich möglicherweise erwärmen könnten.
  • Suchen Sie nach Infomaterial und recherchieren Sie im Internet, um einen guten Überblick zu bekommen.
  • Suchen Sie nach Videofilmen auf YouTube und anderen Kanälen: Oft sind es Image- oder Erklärfilme von Anbietern, aber als Einführung in die Thematik und die Terminologie ist das in Ordnung. Mit dem Suchwort „Telematikinfrastruktur“ finden Sie auf YouTube beispielsweise eine ganze Reihe von aufschlussreichen Videos rund um den Einsatz von Telematik im Gesundheitssystem – möglicherweise eine gute Ergänzung für diejenigen, die in einer medizinischen Disziplin tätig sind.
  • Notieren Sie schon bei Ihren ersten Recherchen Fachbegriffe, die Ihnen über den Weg laufen, und legen Sie ein Glossar an.
  • Ermitteln Sie, wo Sie zum Beispiel an einer Hochschule als Gasthörer an einer Vorlesung teilnehmen könnten. Rufen Sie dort an, versuchen Sie, mit dem zuständigen Prof in Kontakt zu kommen, die meisten freuen sich über Interesse „von außerhalb“.
  • Die Website Telematik-Markt bietet online und auch als Printprodukt ausgezeichnete Infos aus allen Teildisziplinen der Telematik. Die Printausgabe des Fachmagazins finden Sie auch hier: Telematik-Markt – Die Fachzeitung.
  • Telematik im Transportwesen: Hier bietet unter anderem die Website eurotransport umfangreiche Infos.
  • Erkundigen Sie sich nach Vorträgen und vor allem Messen rund um das Thema. Termine werden auch auf der oben genannten Website Telematik-Markt – Events
  • Eine der weltweit wichtigsten Messen im Bereich Telematik ist die transport logistic in München, die jedes Jahr im Mai stattfindet. 2024 findet auch eine transport logistic in Shanghai statt. Auch auf der Hannover-Messe, die meist im April stattfindet, sind zahlreiche Anbieter im Bereich Telematik vertreten.

(*) Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wird in meinen Artikeln auf die geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen und Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Headerfoto: JoshuaWoroniecki, Pixabay

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