Ladenburg sucht Übersetzer – für lau

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Ladenburg sucht Übersetzer – für lau

Man höre und staune: ehrenamtlich, so so.

Übersetzer(innen) sind gerne, oft und sehr engagiert ehrenamtlich tätig: für bekannte und weniger bekannte NGO, für Vereine in ihrer Region oder woanders, für die Flüchtlingshilfe usw. Wenn aber eine Stadt für ihre Zwecke Übersetzer sucht, die für lau, für umme, für nix arbeiten sollen, dann ist das in meinen Augen nicht in Ordnung. Aber Ladenburg, eine Stadt im badischen Ländle (um, wie es meine Kollegen wünschen, genauer zu sein: in der Kurpfalz), scheut sich nicht davor, über größere und kleinere Medienkanäle nach „Freiwilligen“ zu suchen, die sich gerne bei Herrn Maximilian Bauer melden dürfen.

Hier mein offener Brief an Herrn Bauer …

 

Sehr geehrter Herr Bauer,

mit Erstaunen, ja, ich möchte sogar sagen, Befremden habe ich auf Focus Online gelesen, dass die Stadt Ladenburg zusammen mit der Firma vmapit aus Mannheim einen Audioguide für Smartphones und Tablets für Besucher(innen) der Stadt entwickelt hat. Aha! Statt eines von einem ortskundigen Menschen begleiteten Rundgangs durch das kleine Städtchen mit römischer Geschichte steckt man sich die Stöpsel in die Ohren und stapft allein durch die Gassen. Nun ja …

Ganz im Sinne einer internationalen Ausrichtung der Tourismusförderung soll die App nun in verschiedene Fremdsprachen übersetzt werden. Prima, das kann ich nur begrüßen. Dass die Stadt Ladenburg für diese wichtige Aufgabe jedoch ehrenamtliche Übersetzer sucht, ist für mich als selbständige Übersetzerin und für meine Kolleginnen und Kollegen – gelinde gesagt – ein Unding.

Dass sich die Mannheimer Firma vmapit ihre Entwicklungsarbeit mit Sicherheit hat bezahlen lassen, will ich ganz außen vor lassen. Dass die lokale Presse vielfach über die gute Finanzsituation der Stadt berichtet hat, will ich ebenfalls unbeachtet lassen. Und dass der 2017 gewählte Bürgermeister gemeinsamer Kandidat von SPD, Grünen und FDP war, ist sicher nur ein Zufall. Es geht ja hier schließlich nicht um politische Ansichten.

Lieber Herr Bauer, bei allem gebotenen Respekt möchte ich Ihnen einige Fragen zum Leben und Arbeiten in Ladenburg stellen. Was passiert, wenn Sie, der Bürgermeister oder ein beliebiger Einwohner von Ladenburg feststellen, dass ein Rohr im Bad des Hauses oder des Rathauses verstopft ist? Bitten Sie den Installateur, dieses Rohr ehrenamtlich „für lau“ zu entstopfen? Nun wird es nach diesem wunderschönen Sommer spürbar kühler, so dass in den Haushalten die Heizung wieder laufen muss. Erhalten die Ladenburger und Ladenburgerinnen allesamt Strom, Gas, Heizöl, Pellets kostenfrei? Zumindest beim Heizöl wäre das durchaus möglich, hat sich doch in Ihrer Stadt die Firma TOTAL angesiedelt, die nicht wenig Gewerbesteuer zahlen dürfte. Aber pardon, dieses Werk stellt ja „nur“ Feuerlöscher her. Na ja, zumindest könnte man da seine Beziehungen spielen lassen und kostenlos Benzin für alle hinbekommen – oder? Aber lassen wir das: Heizung und Autofahren werden heutzutage total überbewertet, und wozu braucht ein selbständiger Übersetzer schon ein Auto? Schließlich soll er zuhause sitzen und arbeiten. Und wenn er das Heizöl nicht bezahlen kann, dann muss eben der zweite Schal her.

Nun hat jeder Mensch hin und wieder auch Hunger. Bekommen alle Ladenburger und Ladenburgerinnen alles „für umme“ in den Ladenburger Supermärkten, beim Bäcker, Metzger usw.? Sollte dies der Fall sein, würde ich umgehend meinen Karlsruher Wohnsitz nach Ladenburg verlegen – eine schriftliche Garantie, dass auch Discounter wie ALDI und LIDL an der Kasse nichts von mir verlangen, wenn ich meine Vorräte besorge, hätte ich jedoch gerne vorab.

Bevor ich es vergesse: Eine liebe Kollegin, ebenfalls selbständig, Mutter dreier hungriger Kinder, bräuchte gerade einen ehrenamtlichen Bauunternehmer, der eine Wand und einen Kamin fachmännisch ausbaut. Können Sie mir eine entsprechende Adresse in Ladenburg nennen? Andere Übersetzerkollegen haben Bedarf im Bereich Parkett- und Fliesenverlegung, Heizungsreparatur, Sanierung von Mauern usw. angemeldet. Entsprechende Kontakte von Handwerkern, die in Ladenburg solche Dienstleistungen ehrenamtlich erbringen, dürfen Sie mir gerne zusenden, ich leite diese dann weiter – natürlich ehrenamtlich.

Mit 250 bis 300 Euro pro Quadratmeter sind die Bodenrichtwerte in Ladenburg zwar nicht ganz so hoch wie in Karlsruhe, aber sie liegen deutlich über Null. Wie kann das ein Übersetzer, der ehrenamtlich für Sie tätig ist, bezahlen, sollte er vorhaben, seinen Wohn- und Arbeitssitz in dieses schöne Städtchen am Neckar zu verlegen? Oder ist die ehrenamtliche Tätigkeit als Übersetzer für Ladenburg verbunden mit dem Vorteil „Kost und Logis frei“? Das wäre natürlich schon eine tolle Sache. Wer gelegentlich den Friseurbesuch bezahlt und die Beiträge zur Krankenversicherung übernimmt, müsste noch geregelt werden.

Bei einer Sache wird es sicher schwierig: Ich fürchte, auch das Finanzamt Ladenburg will Kohle sehen. Dieses unangenehmen Problems muss sich im Vorfeld eine Arbeitsgruppe annehmen. Ach ja: Wie deklarieren Sie eigentlich die ehrenamtliche Übersetzertätigkeit für die Stadt Ladenburg? Als Spende? Bekommt der Übersetzer dann eine Spendenquittung? Und würde diese dann von seinem zuständigen Finanzamt anerkannt? Die hohen Krankenkassenbeiträge – in vielen Fällen über 700 € monatlich bei freiwilliger gesetzlicher Versicherung – bleiben davon allerdings unberührt. Ein Ärgernis.

Spaß beiseite, lieber Herr Bauer: Sie haben sicher verstanden, worum es hier geht. Auch Übersetzer(innen) wollen nicht nur überleben, sondern leben – und das nicht einmal in Saus und Braus. Wie Sie, der Bürgermeister und mit hoher Wahrscheinlichkeit jeder Einwohner von Ladenburg haben auch Übersetzer Fixkosten. Auch Übersetzer haben Kinder, die versorgt werden müssen und wollen. Wie soll das gehen? Wo käme man hin, wenn jede Stadt, jede Organisation, jede Struktur nur noch auf Ehrenamtliche zurückgreift? Und Sie können mir glauben: Gerade selbständige Übersetzer und Übersetzerinnen engagieren sich außergewöhnlich stark für karitative Zwecke auf allen Ebenen. Einen karitativen Zweck kann ich allerdings angesichts der soliden Finanzsituation der Stadt Ladenburg nicht erkennen.

Ich kann nur hoffen, dass meine gut gemeinten Zeilen die Entscheider der Stadt Ladenburg zum Nachdenken anregen werden.

Mit ehrlich gemeinten freundlichen Grüßen

Ihre

Giselle Chaumien

P.S. (25.10.2018) Möglicherweise ist Ihnen, lieber Herr Bauer, dem Oberbürgermeister und den Ladenburger Entscheidern gar nicht bewusst, dass Übersetzer diesen Beruf erlernt und sie dafür am Ende ihres Studiums einen akademischen Grad erlangt haben.

  1. Nur so nebenbei: Eine IT-Firma entwickelt auch nicht „für lau“. Die App an sich kann kostenlos angeboten werden (schöner Schein), Geld kann aber MIT der App über andere Wege oder später verdient werden (das echte Sein). Wem gehört die Übersetzung im Nachhinein? Wer darf sie weiterbenutzen? Die IT-Firma vielleicht? Dann eben „für umme“…

  2. Übersetzen will gelernt sein und ist harte Arbeit, damit man nicht in das „kulturelle Fettnäpfchen“ Gefahr läuft zu treten, das für den ersten Eindruck keine zweite Chance mehr bereithält. Auch das wohlwollende Ehrenamt ändert an dieser Tatsache meines Erachtens nichts.

  3. Herzlichen Dank für diesen überragenden Beitrag liebe Kollegin. Dem ist nichts mehr hinzufügen.

    Wäre eine zweisprachige Person für das Übersetzen ausreichend, gäbe es nicht den Beruf des Übersetzers.

  4. Sehr geehrte Frau Chaumien,

    Ihre Reaktion auf unsere Pressemitteilung zur Übersetzung der Ladenburg App hat uns überrascht. Es war nicht unsere Absicht Unmut bei professionellen Übersetzerinnen und Übersetzern hervorzurufen.
    Mit unserer Pressemitteilung wollten wir keinesfalls diese Zielgruppe auffordern, ehrenamtlich für uns tätig zu werden. Wir hatten vielmehr Ladenburgerinnen und Ladenburger mit einer anderen Muttersprache als Deutsch im Fokus. Entschuldigen Sie bitte die unpräzise Formulierung.

    Unsere Intention ist es, Ehrenamtliche aus Ladenburg und der Region zu finden, die sich mit unserer Stadt verbunden fühlen und mit ihren Sprachkenntnissen einen Beitrag zum touristischen Angebot liefern möchten. Da die deutsche Version bisher auf viel positive Resonanz gestoßen ist, möchten wir die App zukünftig gerne auch in anderen Sprachen zur Verfügung stellen. Dass dies nicht abwegig ist, zeigt die Zahl der bisherigen Rückmeldungen, die uns erreicht haben.

    Zu Ihrer Annahme, dass die Firma vmapit GmbH für die Entwicklung der Anwendung ein Honorar erhalten habe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Firma auf die Stadt Ladenburg zugekommen ist und die Entwicklung der App der Stadt aufgrund ihrer besonderen Verbundenheit kostenlos zur Verfügung gestellt hat.

    Mit freundlichen Grüßen

    Maximilian Bauer

    • Sehr geehrter Herr Bauer,
      zunächst danke ich Ihnen, dass Sie sich Zeit für eine Antwort genommen haben.
      Ich kann Ihnen jedoch nicht ganz abnehmen, dass meine Reaktion Sie überrascht hat. Sie wollten nicht die Zielgruppe der professionellen Übersetzerinnen und Übersetzer ansprechen, sondern Einwohner/innen von Ladenburg mit guten Fremdsprachenkenntnissen?
      Das ist ja noch grotesker, als ich – und mit mir meine Kollegen und Kolleginnen – dachten.
      Ist Ihnen bewusst, wie riskant es ist, Übersetzungen – gerade im Bereich Tourismus, Software (App) usw. – von Laien, die vielleicht mal einen Fremdsprachenkurs bei der VHS gemacht haben, anfertigen zu lassen? Ganz abgesehen davon, dass Sie dadurch verhindern, dass Fachleute bezahlte Aufträge bekommen. Was ist das für ein Gebaren, das die Stadtverwaltung Ladenburg an den Tag legt? Wir selbständige Übersetzer/innen können da nur den Kopf schütteln, um so mehr, als die Finanzlage der Stadt Ladenburg sehr gut ist, wie die regionale Presse berichtet.

      Bleiben wir bei Ihrem Ansinnen. Dann erlaube ich mir, ebenfalls bei allem Respekt (und ich darf Ihnen versichern, dass ich nicht für mich kämpfe, denn ich arbeite ausschließlich für gut zahlende Industrieunternehmen), Ihnen folgende Fragen zu stellen: Wenn die Zentralverriegelung Ihres Autos defekt ist, lassen Sie das vom Nachbarn reparieren, der mal einen VHS-Kurs „Pannenhilfe I“ absolviert hat? Würden Sie sich die Haare von mir schneiden lassen, wenn ich Ihnen sage (und das stimmt sogar), dass mein Großvater väterlicherseits Friseur war und ich oft zuschauen durfte, während er seinen Kunden die Haare schnitt?
      Würden Sie sich einen kariösen Zahn von einem Ehrenamtlichen verarzten lassen, der einen 4-wöchigen Kurs in Zahntechnik besucht hat?
      Was würde das Bauordnungsamt Ladenburg sagen, wenn ich bei der Einreichung meines Bauantrags den Teil Statik von einem Ehrenamtlichen machen lassen würde? Unter der (irrigen) Voraussetzung, ich würde die Baugenehmigung erhalten, würde ich dann die Vermessung des Grundstücks selbst vornehmen, denn das kann ich recht gut.
      Ich glaube, Sie verstehen, was ich meine. Überall – in allen möglichen Bereichen – werden Fachleute eingesetzt. In sehr vielen Bereichen schreibt die Gesetzgebung, schreiben Ämter vor, wer was wie bis wann machen muss. Aber ausgerechnet beim Thema Übersetzung wird immer und immer wieder die Methode „fragen wir doch mal, wer Lust dazu hat“ angewendet. Da kann es doch nicht nur ums Sparen gehen. Und bitte sagen Sie nicht, Sie wollten den netten Ladenburgerinnen und Ladenburgern eine Freude machen mit Ihrem Ansinnen.
      Nein, es herrscht leider die weit verbreitete Meinung, dass jeder, der ein bisschen Französisch, Englisch … kann, auch übersetzen kann. Übersetzen will gelernt sein, das ist ein Beruf, ebenso wie Ingenieur, Kaufmann oder Schlosser ein Beruf ist. Ins Französische zu übersetzen sollten – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – nur Franzosen, ins Italienische nur Italiener usw. Man spricht vom Muttersprachlerprinzip. Als Französin garantiere ich Ihnen, dass ich, wenn ich nur 10 Zeilen eines franz. Textes lese, sofort erkenne, ob der Text von einem Franzosen verfasst wurde.
      (EDIT 23:30 Uhr: Meine Kollegen haben mich darauf hingewiesen, dass Sie – ich zitiere Sie – „Ladenburgerinnen und Ladenburger mit einer anderen Muttersprache als Deutsch im Fokus“ hatten/haben. Stimmt, das hatte ich überlesen. Aber das macht die Sache nicht besser, denn entweder handelt es sich **nicht** um professionelle Übersetzer/innen – in diesem Fall wünsche ich viel Glück, denn wie oben erwähnt: Übersetzen will gelernt sein, und garantiert wird man sehr schnell feststellen, dass die Übersetzung von Amateuren gemacht wurde. Oder es handelt sich um professionelle Übersetzer/innen – dann sind wir wieder bei dem, was ich in meinem ursprünglichen Blogpost beschrieben habe … mit allen damit zusammenhängenden Problemen.)

      Nun, ich hoffe, ich konnte Ihnen einige Einblicke in den Beruf des Übersetzers (m/w/x) geben. Dass Sie von Ihrem Vorhaben absehen, wage ich kaum zu hoffen. Falls doch, kann ich Ihnen gerne entsprechende Muttersprachler/innen nennen.

      Dass die Firma vmapit GmbH die App kostenlos erstellt und zur Verfügung gestellt hat, freut mich für Sie. Firmen können sich so etwas eher erlauben als Solo-Unternehmer/innen im Übersetzungsbereich. Und wahrscheinlich deklariert die vmapit GmbH das als Spende, und dann wird es finanzamttechnisch in Deutschland wieder schwierig.

      Weiterhin viel Erfolg und viele Grüße – das recht schöne Ladenburg hat etwas anderes verdient als eine solche traurige Diskussion.

      Giselle Chaumien

  5. Bravo Giselle! Danke, dass Du so treffend ausspricht, was uns allen auf der Seele liegt. Ich hoffe, es bringt die Verantwortlichen (und nicht nur sie) zum Nachdenken.

  6. Danke, liebe Kollegin! Es spricht mir aus der Seele.

    Ich habe daher Ihren Artikel ausgedruckt und verteile ihn fleißig.

    Die „Alles-umsonst-haben-wollen“-Mentalität greift gerade in unserer Branche stark um sich.
    Selbst vor zwei Tagen erlebt: Einer meiner (fast) Kunden erklärte mir, ich solle doch die medizinischen Unterlagen seiner Frau bitte umsonst machen, denn schließlich sei es doch ethisch nicht zu verantworten, an der Not (Krankheit) anderer auch noch Geld verdienen zu wollen. Auf meine Frage, ob er dieses Ansinnen auch den Ärzten seiner Frau gestellt habe, blieb er mir die Antwort schuldig.

  7. Vielen Dank für diesen großartigen Beitrag. Dem kann ich praktisch nichts mehr hinzufügen. Schade, dass viele bis heute nicht begreifen, wie viel Zeit und Arbeit in einer professionellen Übersetzung stecken und wir Übersetzer auch von etwas leben müssen. Solche Ausschreibungen tragen jedenfalls nicht dazu bei, dass der Beruf das „Oh, ich kann die Sprache ja eh, also übersetz ich nebenher ein wenig vor mich hin“-Image los wird.

  8. Ich bin gespannt, ob eine Antwort von dem geehrten Herrn kommt. Lass uns das wissen, Giselle. Schöne Grüße

  9. Bravo Frau Chaumien, keine platte Pauschalanklage, sondern mit griffigen Fallbeispielen aus der harten Realität gewürzte Offenbarung. Ich hoffe, dass einige Verantwortliche sich langsam mal hinter den Ohren kratzen…

  10. Vielen Dank, dass Sie sich für uns einsetzen, Frau Chaumien. Treffend formuliert. Professionelle Arbeit muss entsprechend entlohnt werden.

  11. Am Ehrenamt ist nichts mehr schön und gut. Die Grenze ist dort erreicht, wo das Ehrenamt bezahlte Berufe ersetzt. Und das ist immer öfter der Fall. Feuerwehr, Rettungsdienst, Betreuung für ältere Menschen…Übersetzen und Dolmetschen. Ohne mich. Wir alle brauchen nicht nur das Geld zum Leben, sondern sollen doch auch gut und professionell arbeiten. Warum sollte ich das tun, wenn ich dafür keine Gegenleistung erhalte? Weil das in einigen Branchen Tradition hat? Muss ich es deshalb in Ordnung finden und auch für die Übersetzer übernehmen? Nein! Es ist schlichtweg eine Schande, dass in Deutschland Feuerwehrleute, etc. ehrenamtlich arbeiten müssen statt bezahlt zu werden. Eine Schande wäre es auch, wenn wir als Übersetzer diese Denkweise auch noch unterstützen.

  12. Super Giselle. Dem ist nichts hinzuzufügen!

    Bis darauf, dass ich demnächst mal versuchen werden, die Brötchen beim Bäcker „umme“ zu bekommen. Da geht es ja auch nur um Cent-Beträgen. 😉

  13. Dieser offene Brief bringt auf den Punkt, dass Übersetzen Arbeit und eine Dienstleistung ist. Leider gerät das manchmal in Vergessenheit, denn viele fühlen sich zu unserem Beruf berufen, die ihn vielleicht lieber nicht „mal eben so nebenbei“ und ohne finanzielle Gegenleistung ausüben sollten. Hoffentlich regt dieser Brief zum Nachdenken und vielleicht sogar zu einer Antwort an.

  14. Sehr gut geschrieben Giselle! Danke, dass Du in unseren Namen geschrieben hast und für uns alle gesprochen hast! Übrigens, es gibt noch einen Beruf, bei dem immer wieder gefragt wird, ob sie ehrenamtlich arbeiten möchten: Künstler…

  15. Kann ich nur unterschreiben. Hier schlägt genau das zurück, was viele Übersetzer und Dolmetscher schon seit 2015 anmahnen: Damals wurden überall hektisch „Sprachmittlerpools“ nach unterschiedlichsten Modellen aus dem Boden gestampft. Und viele haben bereitwillig geholfen, Profis ebenso wie unausgebildete Zweisprachige, einfach weil der Bedarf so unglaublich groß war und man gesehen hat, wie schwierig alles war.
    Und, schwupp, denkt die Öffentlichkeit, Menschen mit soliden Fremdsprachenkenntnissen, die wissen, worauf es beim Übersetzen in bestimmten Sparten ankommt, wären grundsätzlich umsonst oder für eine kleine Aufwandsentschädigung zu haben (wir könnten uns ja sonst langweilen). Wertschätzung bedeutet auch eine angemessene Entlohnung – oder wir brauchen ein neues Gesellschaftssystem, das nicht auf dem Tausch von Geld gegen Ware/Dienstleistung beruht.
    Es ist ganz einfach: In dem Moment, wo andere an der eigenen Leistung verdienen, ist Ende mit Ehrenamt. Außer vielleicht, ich bin glücklicher Bürger von Ladenburg oder einer Partnerstadt von Ladenburg und möchte diese Kooperation vertiefen.

  16. Sehr schön gesagt! Ich bin mir sicher, ein Bäcker würde bestimmt auch Bauklötze staunen, wenn jemand daherkäme, der seine Brötchen ‚für lau‘ bekommen möchte.

    Freundliche, kollegiale Grüße aus Den Haag

  17. Ich fürchte, „ehrenamtlich“ soll hier eigentlich heißen: Wir brauchen dafür keine professionellen Übersetzer, die in ihre Muttersprache übersetzen, sondern es reichen Personen, die die Zielsprache „ausreichend“ gut kennen (Sprachkurs) und Zeit haben.

    Das ist doppelt gefährlich, denn erstens bedeutet das Beherrschen von zwei Sprachen noch lange nicht, dass man auch gut übersetzen kann und zweitens gilt bis auf wenige Ausnahmen das Muttersprachenprinzip, das heißt, man übersetzt immer in seine Muttersprache.

    Da die Stadt Ladenburg aber auf Deutsch in der deutschen Presse „Ehrenamtliche“ sucht, die die App ins Englische übersetzen, dürfte das Ergebnis leider erschreckend sein.

    Was wiederum bedeutet: Imageverlust, Zeitverschwendung, und am Ende muss es dann doch professionell und mit entsprechender Bezahlung in Auftrag gegeben werden. Hätten sie doch besser gleich einen Profi gefragt.

    • Sehr gut gesagt. Leider denkt im Vorfeld niemand darüber nach welche Auswirkung eine „nicht“ profesionelle Übersetzung haben kann

  18. Professionelle Arbeit sollte auch von professionellen Leuten gemacht werden.
    Es wird gerne viel auf das Ehrenamt abgewälzt , kenne ich beim Dolmetschen und auch beim Rettungsdienst.

  19. Chapeau, da kann ich nur voll und ganz zustimmen! Vielen Dank für diese tolle Initiative im Namen von uns Übersetzerin!

  20. Warum sollten die Übersetzer ehrenamtlich arbeiten? Hat der App-Entwickler aus Mannheim seine Leistungen auch ehrenamtlich angeboten und ausgeführt? Auch Übersetzer/-innen müssen in erster Linie den Unterhalt für sich und ihre Familie verdienen sowie fürs Alter vorsorgen, bevor sie sich ehrenamtliches Engagement leisten können – was sie im Übrigen gern und ausgiebig tun!

  21. Dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist für mich völlig unverständlich, wieso Menschen glauben, Leistungen von qualifizierten Fachleuten umsonst bekommen zu können. Das Ehrenamt in allen Ehren! Aber bitte da, wo es angebracht ist …

  22. Das kann ich nur voll und ganz unterschreiben. Wie kommen die Verantwortlichen dieses schönen Städtchens nur darauf, dass Übersetzung eine kostenlose Dienstleistung sein sollte?
    Ich nehme an auch diese Stadt erhebt von ihren Bürgern Gebühren….

  23. Frau Chaumien spricht mir aus der Seele. Ehrenamt schön und gut, es darf aber nicht zur Ausnutzung (ver)führen. Übersetzen und Dolmetschen ist eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit, die angemessen entlohnt werden sollte. Wie bei jedem anderen Beruf auch. Basta.

  24. Gut gebrüllt, Löwin! 🙂
    Einen Aspekt könnte man noch nachtragen:
    Alle Kunden, die heute Übersetzer zu Hungerlöhnen arbeiten lassen, müssen später über Sozialleistungen für genau diese Übersetzer aufkommen, weil diese nicht genug Geld verdienten, um Altersvorsorge zu betreiben. Und wenn es nicht diese Kunden selbst sind, dann werden es ihre Kinder sein. Wie in so vielen Bereichen wird dieses Problem einfach in die Zukunft verschoben – Hauptsache, mir geht’s gut, nach mir die (sprichwörtliche) Sintflut. Aber diese Haltung ist ja inzwischen gesellschaftsfähig.

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