Die deutsche Sprache treibt seit einiger Zeit seltsame Blüten.
Nicht, dass sie die einzige wäre, der so etwas widerfährt. Dennoch ist mir die Entwicklung ein paar Zeilen wert …
Längst hatte man sich an Manager, Management und Managen gewöhnt. Das Downloaden und Uploaden sind ebenso in Fleisch und Blut übergegangen. Werden die Substantive dekliniert bzw. die Verben konjugiert, bilden sich bei mir schon die ersten Stirnfalten: Wird das Problem gemanagt, gemanaged oder ganz einfach gelöst? Habe ich die Datei downgeloaded, gedownloadet oder einfach heruntergeladen? Ist das erledigt, wollen wir diese dann sicherheitshalber auch saven – zugegeben: speichern ist geläufiger.
Wer sich outen will, hat heute auch keine Probleme mehr. Einmal geoutet, lebt es sich ohnehin besser und freier. Und ich will gar nicht leugnen, dass meine freiberuflichen Kollegen und ich davon profitieren, dass bestimmte betriebsinterne Aufgaben in Unternehmen outgesourct wurden. Erteilt mir ein Kunde den Auftrag, Texte für sein Corporate Blog zu verfassen oder eine Rede für ein Firmenjubiläum zu schreiben, erfolgt erst einmal ein Briefing. Klingt doch viel besser als „Einweisung“ – oder?
„Das Schlimmste wäre, gebuzzert zu werden“, meinte kürzlich ein Kandidat in einer TV-Sendung, die Supertalente entdecken will. Jedes Kind weiß heute, was ein Buzzer ist: ein Summer, Taster, also ein akustischer Signalgeber, der durch die zahlreichen Quizsendungen als Buzzer in den Sprachgebrauch eingegangen ist.
Auf Facebook wird kräftig geliked, reliked, man bedankt sich für ein Like und freut sich auf ein Relike; anschließend wird erklärt, das Liken habe man gerne erledigt. Super!
Auch Twitter lässt sich vokabeltechnisch nicht lumpen: Ich setze mein Tweet ab (was bei mir ganz andere Assoziationen auslöst), will ein Thema tweeten, ein anderes Tweet retweeten … und das Ganze noch eingedeutscht als Twittern bezeichnen, wenn ich beschließe, diesen Artikel zu vertwittern.
Nicht nur Schauspieler, die an einem Engagement interessiert sind, gehen zum Casting. Jugendliche, die ihre gesanglichen Ergüsse für einmalig halten, tun das auch – am Ende werden gecastete Musikbands auf die Menschheit losgelassen.
Wir bloggen und joggen, wir surfen und bluffen – das ist in Ordnung. Wir wollen ein Auto leasen und checken das Angebot, fragen, wer die Karosserie designt (ja!) hat, und hoffen natürlich, dass der Junior den Sportwagen nicht gegen den Baum crashen wird. Bevor wir shoppen gehen – late night, bitte schön – stylen wir uns entsprechend. In einem Shop entdecken wir ein Outfit – sehr styli(s)ch. Und wenn die Füße müde sind, relaxen wir in einem Coffeeshop, was sonst.
Wer Leistungssport betreibt, muss fighten und sollte auf gar keinen Fall gedopt sein. Dass so mancher montags berichtet, er habe am Wochenende toll gebikt, tut mir weh in den Ohren – Fahrrad oder Motorrad fahren ziehe ich vor. Und dass Jenny jetzt einen gepiercten Bauchnabel hat, will ich mir erst gar nicht vorstellen.
Obwohl meine Muttersprache English und nicht Deutsch ist, tun mir solche Sprachanwendungen auch fast physisch Weh. Noch schlimmer kommen Worte vor die einfach falsch geschreiben wurden – wie „googeln“ (mit ‚oo‘ anstatt ‚u‘,), „baby“ und (echt schrecklich) „portmonnai“ . . . . .
Ja, Dave, das klingt manchmal wirklich komisch, aber in Deutschland hat man sich an viele dieser Begriffe gewöhnt. Man nennt sie hier „Denglisch“.
Obwohl ich Englisch und nicht Deutsch als Muttersprache habe, stört es mich auch, wenn ich solche ‚geklaute‘ Wörter lese. Nicht nur geklaut, sondern auch falsch geschrieben – zB ‚googeln‘ mit ‚oo‘ anstatt ‚u‘, ‚Portmonnai‘ völlig französich geschrieben usw . . . .
Sehr schöner Artikel. Ich zucke auch jedes Mal, wenn ich designt lese, das tut einfach weh.
Im Firmen- oder Business-Bereich wird sich auch gern gemeetet, was durch die falsche Reflexivform noch besser wird: „Wir meeten uns mal zu dem Thema!“. Das führt auf der anderen Seite zunehmend dazu, dass immer mehr Deutsche im Englischen auch brav fragen: „When will we meet us?“
Hach, ein unendliches Thema … das locker noch weitere Blogs (auch oft als ‚Block‘ gefunden, so wie der Thread der gern zum Fred wird …) füllen könnte.
Danke, liebe Doro. Ja, ich musste das einfach schreiben, es kribbelte in meinen Fingern 😉
Das Allerneuste, was ich kürzlich in einem Kundentext zu lesen bekam, war: „Nach dem Meeting telkonfen wir in meinem Büro mit X, y und z.“ Schrecklich!