Wortschatz rund um das Thema Frühling

Die Tage sind länger, die Luft riecht anders, die Menschen sehen irgendwie freundlicher aus. Jetzt kommt der Frühling. Ganz bestimmt.

Spätestens am 2. Februar eines Jahres klappt es, denn: An Mariä Lichtmess, bei Tag zu Nacht ess‘.
Christen in Frankreich wie auch in Deutschland feiern an diesem Tag die Einführung Jesu in den Tempel (la Présentation du Christ au Temple). Doch die heutige Bedeutung und Symbolik dieses Tages ist in den beiden Ländern unterschiedlich. Nicht nur, dass die Deutschen nur deshalb ihr Abendbrot bei Tag zu sich nehmen können, weil man in deutschen Haushalten im Allgemeinen früher zu Abend isst. Die Franzosen müssen – nicht zuletzt aufgrund ihrer längeren Arbeitszeiten (da rächt sich die lange Mittagspause) – noch mindestens vier Wochen warten. Ihr Abendessen (le dîner) nehmen sie in der Regel gegen 20 Uhr oder noch später ein. In Frankreich ist es Brauch, am 2. Februar abends Crêpes zu machen: diese wunderbaren Pfannkuchen, die so dünn sein müssen, dass man durchsehen kann, sagte meine französische Großmutter. Gelingt es einem, die Crêpe mit der einen Hand ohne „Zwischenfall“ in die Luft zu werfen, um sie zu wenden, und wieder mit der Pfanne aufzufangen, während man in der anderen Hand ein Geldstück hält, dann ist das ganze Jahr über für Wohlstand gesorgt – so der Volksmund. Lesen Sie hierzu auch meinen Artikel: An dem Tag gibt es Crêpes.

Mit dem Februar trotzen die ersten Schneeglöckchen – wenn nötig – dem noch liegenden Schnee, deshalb heißen sie auf Französisch auch „perce-neige“ (percer = durchbohren, durchdringen). Es sprießen die Krokusse (les crocus) und andere Frühblüher (plantes à floraison précoce). Erste Knospen (les bourgeons) sind zu sehen, und die Vögel bauen ihre Nester (les oiseaux font leur nid). Und wenn es im Februar trotz sehnsüchtigen Erwartens nicht klappt, dann sind diese Vorboten des Frühlings (les prémices du printemps) spätestens im März zu sehen. Während der Franzose meint „une hirondelle ne fait pas le printemps“, sagt der Deutsche „eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“: gleicher Vogel, andere Jahreszeit.

Mit dem Ende des Winters setzt bei manchen Menschen in Deutschland die Frühjahrsmüdigkeit ein, für die es im Französischen gar kein Wort gibt. Selbst Wikipedia spricht in der französischen Fassung von „la Frühjahrsmüdigkeit“ und erwähnt dabei, dass es sich um ein „syndrome allemand“ handelt, das zum heutigen Zeitpunkt lediglich in Deutschland erkannt wurde. Da ich sie nie verspürt habe, die Frühjahrsmüdigkeit, liegt der Verdacht nahe, dass allein die Deutschen betroffen sein könnten. Bizarre, bizarre, sagt der Franzose, und kratzt sich am Kopf (il se gratte la tête).

P.S. Die Crêpes schmecken besonders luftig, wenn man dem Teig einen Schuss kohlensäurehaltiges Mineralwasser hinzufügt.