Wie Ihre Botschaft und Ausstrahlung auch vom richtigen Personalpronomen abhängen.
Nicht nur im Mitarbeitergespräch, sondern auch im Kundenkontakt spielt die Wahl des Personalpronomens eine wichtige Rolle. Einerseits geht es um eine klare Positionierung, andererseits um die Gesprächs- oder Kontaktsituation und das jeweilige Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter (*) bzw. Unternehmer (*) und Kunden.
Die Dosis macht‘s
Führungskräfte in Unternehmen müssen Entscheidungen treffen und diese kommunizieren. Unternehmer, einschließlich und meiner Meinung nach in besonderem Maße Solounternehmer (*), müssen sich gegenüber ihren Kunden positionieren und diesen Standpunkt angemessen transportieren. Dabei gilt grundsätzlich: Zu viel Nähe ist keine gute Lösung und zu viel Distanz ebenso wenig. Wobei hier auch kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen sind, um die es in diesem Blogpost jedoch nicht geht.
Die Kunden-Dienstleister-Beziehung (oder Kunden-Lieferanten-Beziehung) ebenso wie die Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehung stellen jeweils ein Gebilde dar, das die Grundlage für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit sein soll und bestenfalls ist. Da braucht es eine gewisse emotionale Nähe, aber auch eine gewisse Distanz. Die richtige Balance zu finden ist nicht einfach und hängt von ganz vielen Faktoren ab, die mitunter stark vom Einzelfall abhängig sind. Daher kann nicht dogmatisch verkündet werden, diese oder jene Ausprägung in der Kommunikation sei die einzig Richtige. Allerdings ist die Wahl des Personalpronomens im Kontakt – zum Kunden bei Solounternehmern bzw. zum Mitarbeiter bei Vorgesetzten – ein nicht zu vernachlässigender Punkt, der oft nicht beachtet wird.
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Ich
Am Anfang steht das „Ich“. Mit Ich-Aussagen werden eigene Gedanken, Meinungen, Standpunkte und ggf. Gefühle und/oder Bedürfnisse zum Ausdruck gebracht. Das „Ich“ vermittelt mehr Ehrlichkeit und Klarheit als das oft verwendete „man“. Beispiel: „Ich habe den Eindruck, dass …“ statt „Man fühlt/merkt, dass …“. Weiteres Beispiel: „Ich bin da anderer Meinung“ ist besser als „Da liegst du/da liegen Sie falsch“.
Mit einer Ich-Aussage kommen Sie jedoch nicht immer gut an. Beispiel: „Ich ärgere mich, wenn du immer zu spät kommst“. Erklären Sie erst einmal Ihre Situation, warum es für Sie wichtig ist, pünktlich zum Beispiel mit der Sitzung anzufangen. Schuldzuweisungen sind nie gut.
Gerade bei Akquisegesprächen ist für Solounternehmer das „Ich“ geeignet, um von eigenen Erfahrungen, Fachkompetenzen und Motiven zu sprechen. Beispiel: „Bei der Umstrukturierung Ihrer Website kann ich Sie gerne mit meiner Fachkompetenz und Erfahrung unterstützen“.
Doch Vorsicht: Zu viel „Ich“ nervt das Gegenüber und lässt den Eindruck entstehen, dass sich da jemand aufbläst.
Du / Sie
Hier geht es nicht um das Pro oder Contra Duzen oder darum, ob Kunden, Vorgesetzte, Kollegen geduzt oder gesiezt werden sollen.
Hier geht zum einen um die Verwendung des „Du“ wie das Amerikanische „you“ in Erzählungen, in denen es eigentlich um mich geht. Beispiel: „Da stehst du vor der gesamten Abteilung und weißt nicht mehr, wie du deine Argumente formulieren sollst“.
Diese Du-Nutzungsform ist eine erste Abstufung von Distanz, sie ist Abwehr und manchmal sogar Vorwurf. Ich spreche in dem Fall nicht von mir, sondern verwende das „Du“, um mich von der Situation abzugrenzen.
In der gewaltfreien Kommunikation ist die Verwendung des „Du“ behutsam anzugehen. Hören Sie sich reden. Sprechen Sie etwa für Ihren Gesprächspartner? Lassen Sie ihn doch für sich sprechen.
Auch die Frage „Hast du das absichtlich gemacht?“, wenn Ihnen jemand ein Missgeschick schildert, schafft Distanz und ist nicht nur eine Unterstellung, sondern auch ein Vorwurf. Besser ist zum Beispiel: „Wie ist das passiert? Was hat dazu geführt? Wie kam es dazu?“.
Für das „Sie“, die förmliche Version des „Du“, gelten die gleichen Eckpunkte (zur Erinnerung: Es geht hier nicht darum, ob geduzt oder gesiezt werden soll).
Du-/Sie-Botschaften werden oft als Schuldzuweisungen oder abwertende Urteile verwendet, auch wenn der Sender der Botschaft das gar nicht beabsichtigt hat. Der Empfänger der Botschaft geht dann unwillkürlich in die Defensive. Benutzt der Sender zusätzlich noch Füllwörter, gerät das Ganze zum Konfliktgespräch. „Du bist immer zu spät dran!“ oder „Warum bist du immer so aggressiv?“.
Selbst belangloser Smalltalk kann eskalieren. Beispiel eines 65-Jährigen, der einen 78-jährigen Bekannten anruft:
- (78): Was gibt es Neues bei euch? Wie geht es dir?
- (65): Na ja, ganz gut, aber die gestrige Gartenarbeit steckt mir noch in den Knochen.
- (78): Ach, du bist doch noch jung, das kann doch nicht sein. Du jammerst, komm erst mal in mein Alter.
Empathie? Fehlanzeige.
Er oder sie (hat gesagt)
Greifen Sie nicht zur Waffe des Feigen, indem sie wiedergeben, was (angeblich) andere gesagt haben. Formulierungen wie „es wurde an mich herangetragen, dass du/Sie …“ gehen gar nicht. Entweder es liegen Fakten vor, dann benennen Sie diese und formulieren in der Ich-Form. Beispiel: „Ich habe festgestellt, dass …“. Oder Sie lassen die Schuldzuweisung bzw. Unterstellung bleiben. Aussagen von Dritten, die nicht genannt werden wollen, sind nicht hilfreich und vielleicht auch nicht zutreffend. Finger weg davon!
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Man
Das Wörtchen „man“ ist im Sprachgebrauch allzu sehr verbreitet. Achten Sie einmal darauf, wie oft Menschen das Wörtchen „man“ für sich selbst verwenden, wenn sie gefragt werden, wie sie dieses oder jenes empfunden oder erlebt haben. Beispiel: „Da fühlt man sich doch gleich verloren, wenn man hört, dass …“. Mir ist das besonders aufgefallen, wenn bei schlimmen Ereignissen, Amokläufen, Unfällen u. dgl. der Interviewer nach dem Empfinden fragt: „Man hatte immer den Eindruck, dass …“ oder „man fragte sich oft, was der Nachbar macht …“.
Auch der Hinweis „man wird sich gleich um Sie kümmern“ ist letzten Endes nur das Zeichen, dass keiner die Verantwortung übernehmen will. Sagen Sie: „Ich rufe den zuständigen Sachbearbeiter / gleich Hilfe“.
Mit man-Sätzen wird die Aussage bewusst oder unbewusst verallgemeinert, die Botschaft über eigene Gefühle, Bedürfnisse oder Probleme nebulös formuliert. Wenn Sie gerade von einer schwierigen Situation erzählt haben, fügen Sie nicht hinzu „da muss man halt durch“. Sagen Sie zum Beispiel: „Ich muss irgendwie mit der Situation fertig werden“.
Übrigens: Wenn Sie Übersetzer (*) sind und zum Beispiel den Satz „il faut faire attention“ oder „One must be careful“ (gerade erst in einem technischen Originaltext gelesen) vorfinden, übersetzen Sie nicht mit „Man muss vorsichtig sein“. Das geht besser!
Wir
Das „Wir“ verbindet, fasst zusammen, zeichnet eine virtuelle Schleife, in die der/die andere(n) einbezogen wird/werden. Es appelliert an das Team, das Kollektiv, das im selben Boot sitzt wie derjenige, der das „Wir“ verwendet. Es darf jedoch nicht nur ein leerer Spruch bleiben, sondern auch mit Leben erfüllt werden. Wenn Sie einem Kunden vorschlagen, dass „wir das so und so machen“, dann sollten auch die entsprechenden Maßnahmen folgen und die Angelegenheit nicht im Sand verlaufen.
In diesem Sinne: Ich wünsche Ihnen alles Gute.
It’s up to you!
(*) Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit deckt in dieser Veröffentlichung das generische Maskulinum (z. B. der Übersetzer, Freiberufler, Unternehmer) sowohl die weibliche und männliche Form als auch das dritte Geschlecht ab. Dies ist in keinem Fall als Zeichen einer Diskriminierung zu werten.