Lärm: Hörst du noch gut?

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Lärm: Hörst du noch gut?

Was machen Alltagsgeräusche und Alltagslärm mit uns?

Vom Straßenverkehrslärm über Fabrikgeräusche und Alltagsgeräusche wie Telefon, Türklingel, Drucker, PC usw. bis hin zur Dauerberieselung mit Musik in Kaufhäusern oder Restaurants: Kaum jemand kann sich den vielfachen Einwirkungen auf den Hörnerv entziehen. Meist nehmen wir ihn gar nicht mehr bewusst wahr, denn viele Geräusche gehören ganz  selbstverständlich dazu. Über 80 % der Menschen in Deutschland sind in irgendeiner Form von Lärmbelästigung betroffen, so das Robert Koch-Institut (RKI) in der jüngsten Studie, die es im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführt hat. Und bereits jeder fünfte Jugendliche unter 20 Jahren leidet – oft, ohne sich dessen noch richtig bewusst zu sein – an irreparablen Gehörschäden.

Lärm gab es zu allen Zeiten

Schon vor vielen Jahrhunderten wurden Klöster und andere Rückzugsmöglichkeiten errichtet, wo der ruhebedürftige Mensch dem Krach aus Umwelt und sonstigen Einflüssen den Rücken kehren konnte. Doch mit der Zeit haben sich die Lärmquellen im Zuge der Industrialisierung und der späteren hohen Technisierung und privaten Nutzung der unterschiedlichsten technischen Erfindungen vervielfacht. Heute kann sich kaum jemand der Belastung durch Lärm entziehen: Selbst im Urlaub, am Strand, beim Einkehren in eine urige Gaststätte, beim Shopping im chicen Kaufhaus, beim Besuch einer Kunstausstellung: Die Geräuschkulisse ist überall vorhanden. Und nicht wenige Menschen erfreuen sich an den technischen Möglichkeiten, nutzen sog. In-Ear-, On-Ear- oder Over-Ear-Kopfhörer und schädigen damit möglicherweise dauerhaft ihr Gehör.

Oftmals ist sich der Mensch heute gar nicht bewusst, was da auf sein Ohr einwirkt und vor allem, wie sich das langfristig auswirkt. Denn nicht nur das Gehör nimmt Schaden, die Belastungen durch Lärm und Dauerberieselung des Hörnervs führen auch zu anderen Gesundheitsproblemen, unter anderem zu Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Nervosität, Beeinträchtigungen des Herz-Kreislaufsystems u.v.m. – und zwar in einem schleichenden Prozess. Obgleich Diagnostik und Behandlung heute hervorragend sind, ist es doch wichtig, die Vorbeugung in den Mittelpunkt zu stellen und Lösungsansätze zu finden, die zu einer Verringerung der Lärmbelästigung beitragen.

Zahlen und Fakten

Wie viel Lärm verträgt unser Körper? Lärm wird in der logarithmischen Einheit Dezibel (dB) angegeben. Zehn Dezibel mehr bedeuten eine Verzehnfachung der Schallenergie, drei Dezibel eine Verdoppelung.

  • 20 bis 40 Dezibel sind bereits gut zu hören: Das entspricht beispielsweise dem Ticken einer Küchenuhr oder dem Geräusch von Computer-Ventilatoren (dem zum Beispiel selbstständige Übersetzer ausgesetzt sind) usw.
  • 60 bis 80 Dezibel erreichen ein lautes Gespräch, ein Drucker oder ein vorbeifahrendes Auto.
  • Im Bereich um 80 Dezibel liegen etwa Rasenmäher oder eine Bohrmaschine. Lärm in dieser Lautstärke kann bereits zu gesundheitlichen Langzeitschäden führen.

Das menschliche Ohr kann Lautstärken von 10 bis 140 Dezibel wahrnehmen. Sehr hohe Lautstärken sind gefährlich, weil sie – über längere Zeit – Hörschäden hervorrufen, indem die Haarzellen in der Schnecke des Ohrs zerstört werden.

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bei Straßenlärm, der im Haus einen Schallpegel von 65 Dezibel erreicht, das Risiko für Herz-Kreislaufstörungen um 20 Prozent höher ist als bei 50 bis 55 Dezibel. Schon weit unter einem Schalldruckpegel von 85 Dezibel kann Lärm krank machen – selbst dann, wenn er gar nicht als störend wahrgenommen wird. Der Krach löst Stressreaktionen aus, Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol werden verstärkt gebildet, was wiederum den Blutdruck steigen lässt, die Herzfrequenz beschleunigt und die Blutgerinnung aktiviert (Quelle: Uniklinik RWTH Aachen).

Foto: stux road-construction-192894_1280, Pixabay

Lärmquellen am Arbeitsplatz reduzieren

Geräusche und andere störende Einwirkungen zu vermeiden bzw. möglichst an der Entstehungsstelle zu reduzieren, ist bereits seit Jahrzehnten ein wichtiges Anliegen von Arbeitgebern. Dabei geht es nicht nur darum, die Grenzwerte der zuständigen Behörden einzuhalten. So gelingt es vielen Industriestandorten beispielsweise, die Vorschriften der TA Lärm sogar deutlich zu unterschreiten – ein nicht zu vernachlässigender Aspekt im Hinblick auf die Gesundheit der Beschäftigten. Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft von Fabriken vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sowie der Vorsorge.

So werden an vielen Arbeitsstätten die Arbeitsplätze der Mitarbeiter neben den Kriterien Sicherheit, Beleuchtung, Geruch, Temperatur usw. immer wieder auch auf Lärm überprüft. Bei Bedarf werden lärmreduzierende Maßnahmen getroffen bzw. Geräuschquellen nach Möglichkeit abgeschafft. Dabei sind stets auch die Wechselwirkungen der Einwirkungen zu berücksichtigen: So können beispielsweise wohltuende oder anlagentechnisch notwendige Klimageräte aufgrund des höheren Lärmpegels störend wirken. Andererseits können auch Lärmschutzwände die Luftzirkulation beeinträchtigen. Deshalb sind ganzheitliche Betrachtungen bei den Arbeitsplatzüberprüfungen angesagt.

Selbstverständlich betrifft die Problematik auch Selbstständige, allerdings je nach Gewerk und Betätigungsfeld in unterschiedlicher Weise. Selbstständige im Handwerk sind sicher mehr lärmbelastet als beispielsweise eine selbstständige Übersetzerin, die allein in ihrem Büro tätig ist, es sei denn, in ihrem Wohnhaus werden gerade Fliesen abgeklopft oder im Nachbargarten gerade der Rasen mit dem Laubbläser behandelt. 😉

Das Gehör braucht Erholung

Alltagslärm, auch kurzzeitig auftretend, sowie Dauerberieselung sind Stressfaktoren. Einen Moment tiefer Stille haben die meisten von uns seit Jahren nicht mehr erlebt. Am besten sollte man zunächst versuchen, Lärm- und Geräuschquellen zu beseitigen oder abzumildern, um diese Spirale zu durchbrechen. Zum Beispiel: Signaltöne dimmen oder diese auf Vibrationsalarm oder optische Signale umschalten, Klingelton der Wohnungstür abschwächen, Drucker in einen anderen Raum verfrachten, Radio nicht pausenlos laufen lassen usw.

Außerdem: Gönnen wir unseren Ohren öfter Pausen. Damit sich die Ohren nach der lauten Arbeit oder den Clubbesuch erholen, sollte der Lärmpegel während mindestens 10 Stunden nicht über 70 Dezibel steigen. Gehen Sie in den Wald, verzichten Sie ein paar Stunden auf Radio, Musik & Co., gönnen Sie sich ein Bad in der Stille.

Achten Sie unbedingt auf die ersten Anzeichen von Hörschwäche: Wenn sich Nachbarn über laute Musik oder Fernsehen beschweren oder die Gesprächspartner alle so leise reden, ist es höchste Zeit, zum Arzt zu gehen.

Selbsttest für Ihre Ohren

Das Forum „Das gesunde Ohr“ empfiehlt diesen Selbsttest, um die Regenerationsfähigkeit des eigenen Ohrs zu prüfen: Besorgen Sie sich hierzu Ohrstöpsel (im Drogeriemarkt oder in der Apotheke) und tragen Sie diese eine Stunde lang, zum Beispiel beim Einkaufen oder beim Spazierengehen. Wenn Sie die Stöpsel herausnehmen und deutlich empfinden, dass es in Ihrer Umgebung lauter ist als vorher, haben sich Ihre Ohren durch den vorübergehenden Lärmschutz etwas erholt. Je häufiger und je länger Sie Ihr Gehör gegen unnötigen Lärm schützen, desto besser können sich Ihre Ohren regenerieren.

Die Fördergemeinschaft Gutes Hören bietet hier einen kostenlosen Online-Test an.