Auf ein Wort: gummig

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Auf ein Wort: gummig

Aufgelesen und aufgeschnappt – heute: gummig

Fortsetzung der Reihe „Auf ein Wort“: 1. Folge „krawattiert“

Auf meinem Weg durch die Welt fiel mir vor ein paar Tagen das Wort gummig auf. Fernsehkoch Alexander Kumptner sagte beim Bewerten eines Pfannkuchengerichts: „Der Teig ist gummiger als beim Palatschinken auf dem anderen Teller“. Im DUDEN steht das Adjektiv nicht, im Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (Erstbearbeitung (1854–1961), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache) wird es mit einem Beispiel aus dem Jahr 1788 erwähnt: „eine halbe unze eines sehr bittern gummigen extract …“ (sic; abgerufen am 04.04.2022). Eine Recherche in Lexika mit speziellen österreichdeutschen Wörtern ergab keine Treffer.

Macht nichts, finde ich, denn das von Kumptner verwendete Adjektiv versteht jede(r). Es steht für „gummiartig“ oder für „wie Gummi“.

In der französischen Sprache ist allerdings der genaue Kontext zu beachten. Was ist gummiartig? Beispiele:

  • Ein Material mit gummiartiger Elastizität = un matériau de type caoutchouc ; un matériau présentant la même élasticité / le même type d’élasticité que le caoutchouc
  • Gummiartige Bonbons = des bonbons à consistance de gélatine / gélatineuse

Bei Pfannkuchen oder den französischen Crêpes würde ich allerdings nicht von caoutchouteux oder von gomme sprechen, auch wenn die Europäische Union in einem Text, in dem der Queso de Media Flor de Guía als „gelegentlich gummiartiger oder cremiger Käse“ beschrieben wird, in der französischen Übersetzung von „fromages parfois gommeux ou crémeux“ schreibt. In der Gastronomie, im Bäckerhandwerk und in der Hotelfachschule, wo Köche, Konditoren und Pâtissiers ausgebildet werden, heißt es „la pâte n’a pas la bonne viscosité“, solange der Teig noch flüssig ist. Wenn die Crêpes bereits im Teller liegen und etwas „gummig“ sind, spricht man dann von „pâte trop molle, trop collante, pas assez souple“.

Das Ganze bringt mich auf einen anderen Gedanken: Kennen Sie den Unterschied zwischen Gummi und Kautschuk als Werkstoffe? Ja, ich weiß, viele Menschen verwenden beide Begriffe synonym. Aber wir als SprachlerInnen wollen doch genau sein, insbesondere wenn wir im technischen Bereich übersetzen. Außerdem gibt es „das Gummi“ und „der Gummi“. Interessanterweise halten sich da einige Quellen, die es eigentlich wissen müssten, fein raus und meinen „Gummi, der oder das“ – fertig. Beispiel:

Spricht man vom Kautschukmaterial allgemein, so überwiegt die neutrale Form das Gummi, aber auch das Maskulinum der Gummi ist möglich. Als Kurzwort zu das Gummiband heißt es nur das Gummi, während bei der Kurzform zu der Radiergummi die maskuline Form überwiegt.
Quelle: Der oder das Gummi? | Genus – korrekturen.de

Nein, so einfach ist das nicht.

In der kautschukverarbeitenden Technik, also beispielsweise in der Reifentechnik, heißt es bei Fachleuten „der Gummi“ – basta. Laien wollen an ihrem Auto das Dichtungsgummi austauschen.

Das hätten wir geklärt.

Wann heißt es nun Gummi, wann Kautschuk?

Ganz einfach – es gilt in Fachkreisen: Kautschuk ist solange Kautschuk, wie er nicht vulkanisiert ist. Wer mehr zum Thema Vulkanisation erfahren will, kann hier weiterlesen.

Zum krönenden Schluss noch dies hier, was die Wortkreation von Chefkoch Kumptner noch übertrifft: gummiös. Beispiel: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein Light-Produkt eher gummiös wird.“ Es geht um Camembert. Nun denn, Sprache ist doch etwas Schönes, nicht wahr?

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