Ganz schön tierisch

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Ganz schön tierisch

Von Vergleichen mit Tieren in der französischen Sprache

Wer eine Person, einen Gegenstand oder ein Erlebnis treffend beschreiben will, wendet eine einfache Wortfigur an: den Vergleich. Meist ohne darüber nachzudenken, setzen wir das Wörtchen „wie“ (comme) ein, um bei unserem Zuhörer ein Bild hervorzurufen, mit dem wir unseren Gedanken unterstreichen oder besser begreiflich machen wollen. Welche gängigen Vergleiche kennen wir in der französischen Sprache und gibt es in jedem Fall eine hundertprozentige Entsprechung in der deutschen Sprache?

Eine interessante Übung zu Beginn: Nehmen Sie ein Blatt Papier, auf dem Sie zwei Spalten vorsehen. Links tragen Sie spontan, ohne groß zu überlegen, 10 Adjektive oder Verben ein. Anschließend schreiben Sie daneben einen Vergleich, der durch die Konjunktion „wie“ eingeleitet wird.

Wie sieht Ihre Liste aus? Haben Sie auch bei den meisten Vergleichen ein Tier herangezogen? Mit ihren unzähligen „Vertretern“ bietet die Tierwelt in der Tat eine schier unerschöpfliche Auswahl an Vergleichsmöglichkeiten – dies gilt im Deutschen und im Französischen. Man verwendet also Tiervergleiche (comparaisons animales ou animalières).

Bei vielen Gegenüberstellungen bedienen sich beide Sprachen desselben Tieres. Hier einige Beispiele:

  • schlafen wie ein Murmeltier – dormir comme une marmotte
  • stark wie ein Bär – fort comme un ours
  • laufen, rennen wie ein Hase – courir comme un lièvre
  • kämpfen wie ein Löwe – se battre comme un lion
  • dumm wie eine Pute, eine Gans – bête comme une dinde, une oie
  • essen wie ein Spatz – manger comme un moineau
  • langsam wie eine Schnecke – lent comme un escargot

Dagegen sind viele andere Vergleichswendungen entweder nur in der einen oder nur in der anderen Sprache tatsächlich verankert.

Beispiele aus der französischen Sprache, die keine direkte Entsprechung (also mit dem gleichen Tier) im Deutschen haben:

  • bâiller comme une huître (gähnen wie eine Auster)
  • muet comme une carpe (stumm wie ein Karpfen)
  • agaçant comme une mouche (nervig wie eine Mücke)
  • discret comme une souris (diskret wie eine Maus)

Hierzu habe ich eine – natürlich nicht erschöpfende – Liste erstellt, die hier abrufbar ist.

Auch die deutsche Sprache nutzt unzählige Tiervergleiche, für die es im Französischen keine hundertprozentige Entsprechung mit demselben Tier gibt. Beispiele:

„Leben wie die Made im Speck“ heißt wörtlich übersetzt „vivre comme un ver dans le lard“, was natürlich überhaupt nicht idiomatisch ist. Dieses Bild gibt der Franzose mit der folgenden Formulierung wieder: „vivre comme un coq en pâte“ (leben wie ein Hahn im Futter [= la pâtée, nicht zu verwechseln mit le pâté = die Pastete oder la pâte = der Teig, die Paste], weil ursprünglich Hähne unter einem Korb gefangen gehalten und mit Futter gemästet wurden).

Der Wendung „schimpfen wie ein Rohrspatz“, wörtlich übersetzt „jurer comme un bruant“, entspricht der Ausdruck „pester, râler, rouspéter comme une poissonnière“, der die Tierwelt hinter sich lässt, da „poissonnière“ Fischverkäuferin bedeutet – ein nicht sehr charmanter Vergleich, wie ich meine. In vielen Wörterbüchern findet man übrigens für den Rohrspatz-Vergleich die Entsprechung „jurer comme un charretier“ (fluchen wie ein Fuhrmann, dem würde die deutsche Wendung „fluchen wie ein Bierkutscher“ entsprechen), was jedoch nicht die gleiche Nuance wiedergibt (danke Iris). Dieselbe Entwicklung erfährt der Vergleich „arm wie eine Kirchenmaus“, die im Französischen mit „pauvre comme Job“ (arm wie Hiob) wiedergegeben wird. Allerdings kennt man auch „pauvre comme un rat d’église“: Hier die Kirchenmaus zur Kirchenratte.

(Vielen Dank an Nathalie für ihr hübsches Gänsefoto)

  1. Sehr interessanter Artikel! „Stumm wie ein Karpfen“ kommt mir allerdings irgendwie schon bekannt vor, auch wenn „stumm wie ein Fisch“ wohl häufiger gebraucht wird.

    • Hallo Susanne, vielen Dank für Dein Lob! Ja, bei der einen oder anderen Redewendung war ich auch nicht sicher, ob es die in Deutsch nicht doch gibt oder ob mein Gehirn sich das vielleicht nur wünscht… Werde mal wegen „stumm wie ein Karpfen“ näher / tiefer in die Recherche gehen. 🙂

      • Sehr interessantes Thema. Das regt zum Nachdenken und Suchen an. Bei dem Karpfen musste ich auch stutzen. Man stellt mmer wieder fest, dass man die Tiervergleiche verschiedener Sprachen mischt, vor allem, wenn man (wie ich) lange im Ausland liebt. Übrigens fluchen manche Leute auch wie ein Bierkutscher. Ich weiss nicht, aus welcher Gegend das stammt. Versuche mal, mit Franzosen ein Hühnchen zu rupfen 😉

        • Danke Dir, liebe Iris, für Deine Zeilen und Dein Lob. Fluchen wie ein Bierkutscher – ja, aber der Bierkutscher ist kein Tier 😉 Und dieses Mal habe ich mich auf die Tiervergleiche und gleichzeitig auf Vergleiche mit „wie“ konzentriert. Ausdrücke wie Hühnchen rupfen, Frosch im Hals, Schäfchen im Trockenen, Eulen nach Athen tragen usw. werden irgendwann auch behandelt.

          • Ja, das war eine Überleitung, weil Du „jurer comme un charretier“ anführst. Mir käme da spontan eher der Bierkutscher in den Sinn. Ich glaube, da ist eine Nuance zwischen dem schimpfenden Rohrspatz und dem fluchenden Kutscher. Habe vor Jahren ein Buch gekauft: „Passez-moi l’expression en allemand“ (ed. Belin), das viele solcher Redewendungen enthält, aber leider sehr schlecht zu durchsuchen ist.

          • Absolut richtig, Iris: „jurer comme un charretier“ entspricht „fluchen / schimpfen wie ein Bierkutscher. Und „schimpfen wie ein Rohrspatz“ wahrscheinlich eher „pester comme un (beau) diable“ oder „pester, râler, rouspéter comme une poissonnière“. Ich ändere das gleich in meinem Beitrag. Danke Dir für den Denkanstoß 🙂

        • das mit dem Hühnchen rupfen

          in F sagt man glaube ich „un oeuf à péler“

          • Avoir un oeuf à peler avec qn – das sagt man in Belgien für „ein Hühnchen rupfen…“. Es gibt in Frankreich sicher noch weitere regionale Redewendungen. Mein französischer Großvater sagte: „Je vais lui remettre la tête entre les deux oreilles…“ – entspricht dem Hühnchen auch nicht 100 %, finde ich aber witzig. Danke Renate und liebe Grüße 🙂

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